Einkaufen in der Innenstadt? Ohne Auto!

Zukunftsrat diskutiert, wie Kunden zum ÖPNV gebracht werden können  ■ Von Gernot Knödler

In der Hamburger City hat der Öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) einen Anteil, wie er sein sollte. Nach einer Untersuchung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG) kamen 1996 nur 28,5 Prozent der KundInnen mit dem Auto, je zwei Prozent mit dem Fahrrad oder zu Fuß, der Rest mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Weil die Auto-Kunden mehr Umsatz bringen, wollen die Händler deren Anteil jedoch erhöhen. Die ECE, eine Gesellschaft die Einkaufszentren baut und betreibt, setzt dagegen zunehmend auf Busse und Bahnen. Das wurde beim Runden Tisch des Zukunftsrates am Montag nachmittag in der Evangelischen Akademie deutlich.

„Der Individualverkehr wird für die Kunden immer teurer“, stellte Thomas Schmalfuß, der für die ECE das Alstertal-Einkaufszentrum managt, fest. Zwar habe der Versuch, die Autofahrer aus den Innenstädten fernzuhalten, nicht funktioniert, weil der Einzelhandel Umsatzeinbußen erlitten habe. Andererseits gebe es schon heute Einkaufszentren, zu denen 80 Prozent der KundInnen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisten. „Sie können heute in Berlin keinen vernünftigen Einzelhandelsstandort schaffen ohne ÖPNV-Anbindung“, sagte Schmalfuß. Die ECE arbeite mit den Nahverkehrsunternehmen zusammen, damit es für die Kundschaft möglichst bequem werde, Busse und Bahnen zu benutzen.

Teilt man die ECE-Einkaufszentren in ganz Deutschland in drei Gruppen, so zeigt sich Schmalfuß zufolge, dass der Auto-Anteil durch die Entfernung der Kundschaft zum Einkaufszentrum bestimmt wird. Bei Einkaufszentren in Randlagen beträgt er 68 Prozent, in Innenstädten 53 Prozent und bei Zentren, die für die Versorgung der Nachbarschaft gebaut wurden, bloß 43 Prozent.

Dass die Hamburger Innenstadt im Vergleich so einen geringen Auto-Anteil aufweist, macht auch dem City-Manager Henning Albers Sorgen. Denn nach Erkenntnissen der BAG geben AutofahrerInnen 30 bis 50 Prozent mehr aus als die übrigen Kunden – was allerdings nichts daran ändert, dass Nicht-Autofahrer den größten Teil des Umsatzes tragen. Unter Albers Ägide ist daher der Paketbus zur Weihnachtszeit und ein ganzjähriger City-Lieferservice eingeführt worden. Jetzt will er das Angebot für AutofahrerInnen verbessern.

Am Runden Tisch plädierte Albers für ein Park & Ride-Leitsystem mit Entfernungsangaben und einem Hinweis auf die Zahl der freien Plätze. Er sondiert die Möglichkeit, für die Parkhäuser eine einheitliche Park-Card einzuführen. Möglicherweise könne so eine Park-Card auch mit einem HVV-Ticket kombiniert werden.

Schockiert zeigte sich ein großer Teil der Runde vom geringen Anteil des Fahrrad-Verkehrs in der City, den Albers als „nicht wesentlich steigerungsfähig“ bezeichnete. In den Bezirkszentren liegt er nach Angaben der BAG mit 20 bis 25 Prozent allerdings viel höher. Christian Popp vom Lärmkontor wies darauf hin, dass enge und ungemütliche Streckenabschnitte Radfahrer von der Innenstadt fernhielten. Und selbst Albers urteilte: „Die Radwege sind eine Katastrophe.“

Der Verkehrswissenschaftler Eckhard Kutter von der TU Harburg kam zu dem vernichtenden Urteil: „Die Verkehrspolitik hat fast nichts bewirkt.“ Der Schlüssel dazu, den Fahrrad- oder ÖPNV-Anteil zu erhöhen, liege im Interesse der Händler, diese KundInnen für sich zu gewinnen.