Keine US-Gelder für Abtreibungen

Der neue Präsident George W. Bush führt sich gleich richtig ins Amt ein und kippt eine acht Jahre alte Anordnung seines Vorgängers Clinton für internationale Familienplanungsprogramme. Anhänger der „Pro Life“-Bewegung applaudieren

aus Washington STEFAN SCHAAF

Am Jahrestag des historischen Roe-v.-Wade-Urteils des Supreme Court, das die Abtreibungsfreiheit festschrieb, hat US-Präsident George W. Bush per Anordnung untersagt, Bundesgelder für Familienplanungsprogramme in Übersee zu verwenden, die Abtreibung als Möglichkeit vorsehen. „Nach meiner Überzeugung soll das Geld der Steuerzahler weder hier noch in Übersee verwendet werden, um Abtreibungen zu bezahlen, zu befürworten oder zu fördern.“ Er kippte damit eine acht Jahre alte Anordnung Clintons, die diese Mittel erstmals nach zwölf Jahren republikanischer Herrschaft freigegeben hatte. Protest kam prompt aus Europa: Bush habe mit „einer einzigen kleinen Entscheidung an einem einzigen Tag die Arbeit von vielen Jahren wieder ausradiert,“ sagte die griechische EU-Kommissarin Anna Diamantopoulu.

Die USA zahlen pro Jahr 425 Millionen Dollar an Regierungen und NGOs wie Planned Parenthood International für Familienplanung. An der Summe wird sich nichts ändern, wohl aber an den Empfängern, nach dem Prinzip: Feminismus raus, Kirchen rein. Die Zahlungen an Regierungen sind nicht betroffen. In der Konsequenz bedeutet Bushs Schritt, dass die USA sich international weit gehend aus der Bevölkerungspolitik verabschieden. Die Ankündigung wurde von mehreren tausend Demonstranten begrüßt, die sich zu einem „Pro Life“-Marsch in Washingtons City versammelten.

Noch sind viele Topjobs in der Bush-Administration nicht vergeben. Das ändert nichts an der Ungeduld, mit der das politische Washington die Zeichen zu deuten versucht, die diese neue Regierung sendet. Konsens? Arbeiten mit der Demokratischen Partei? Oder soll Bush die Chance frühzeitig ausnutzen, dass seine Republikanische Partei nicht nur das Weiße Haus, sondern auch beide Häuser des Kongresses kontrolliert?

Am Montag überwog der zweite Impuls: Die konziliante Linie innerhalb der Bush-Berater sieht dies mit gemischten Gefühlen. Das Thema Schwangerschaftsabbruch, das durch die Ernennung des ultrakonservativen Abtreibungsgegners John Ashcroft zum Justizminister hochkochte, ist ihnen ein rotes Tuch, denn es ist in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig. 60 Prozent der US-BürgerInnen sind für die bestehende liberale Regelung.

Bush hätte sich mit seiner Anordnung bis zum 15. Februar Zeit lassen können, stattdessen verkündete er sie an einem für die „Pro Life“-Bewegung symbolischen Datum. Die Gemäßigten in Bushs Stab sähen lieber, dass er möglichst rasch versucht, Anliegen wie die Verbesserung des Erziehungssystems und eine Steuerreform durchzusetzen, ein Thema, bei dem Mehrheiten im Kongress und in der Bevölkerung zu gewinnen sind. Bushs Erziehungsvorschlag wurde gestern dem Kongress vorgelegt. Er verbindet eine Ausweitung der Möglichkeiten von Eltern, aus dem öffentlichen Schulsystem auszusteigen, indem er sie bei Kosten für Privatschulen unterstützt, mit der Förderung von Schulen in Innenstädten.