Glauben oder verkaufen

Die CargoLifter AG wird noch eine Menge Geld ausgeben, bis der erste Lastzeppelin den Hangar verlässt. Die Verluste sind unter dem Soll. Aktionäre hoffen auf Erfolg

BERLIN taz ■ Der CargoLifter fliegt noch lange nicht. Und seine Entwicklung wird noch über Jahre für rote Zahlen sorgen. Trotzdem zog Carl von Gablenz, Vorstandschef der CargoLifter AG, gestern eine „erfolgreiche Bilanz“ über das abgelaufene Geschäftsjahr. Mit einem Jahresverlust von 68 Millionen Euro liege man sogar unter dem ursprünglich geplanten Minus. „Der CargoLifter liegt zwar nicht mehr ganz im Zeitplan“, sagte Gablenz. Der Jungfernflug des ersten Luftschiffes für den Transport von Groß- und Schwerlasten sei jedoch weiterhin für 2004/2005 geplant.

Die CargoLifter AG möchte dann in Brand bei Berlin jährlich vier Zeppelline bauen. Sie sollen alle bisherigen Luftschiffe in den Schatten stellen: 260 Meter Länge, 65 Meter Durchmesser. Gefüllt wird der Ballon mit nicht brennbarem Helium.

Der Einsatz als „fliegender Transportkran“ verspricht nach Unternehmensangaben ein enormes Einsparpotenzial – vor allem im Maschinen- und Anlagenbau. „Jede zu niedrige Unterführung, jede Brücke und jedes starke Gefälle verlangsamt und verteuert einen Transport.“ Mit den ersten Partnern wurden bereits Vorverträge abgeschlossen, darunter sind nach CargoLifter-Angaben Hochtief, Siemens und MAN. Bisher sei der CargoLifter ohne Konkurrenz, sagte Vorstandsmitglied Karl Bangert. „Für Wettbewerber bestehen sehr hohe Eintrittsbarrieren.“ Ihnen fehle das Know-how: „Es gibt heute mehr Space-Shuttle-Piloten als Luftschiffkapitäne.“ Deshalb werde CargoLifter sein Flugpersonal selbst ausbilden.

Die Vision des Unternehmens von einem Lastzeppelin hat auch die Anleger fasziniert: Bereits vor dem eigentlichen Börsengang im Mai 2000 hatten 16.000 Privataktionäre in den CargoLifter investiert. Doch das ehrgeizige Projekt braucht noch mehr Geld. In diesem Jahr soll eine Anleihe platziert werden, 2002 ist eine Kapitalerhöhung geplant. Bis zum Beginn der Serienproduktion wird von 500 Millionen Euro Investitionssumme ausgegangen. Bisher sind Verluste von 108 Millionen Euro aufgelaufen. Ob das Geld der Anleger gut angelegt ist, darüber gab es in letzter Zeit immer wieder Streit. Ein Branchenkenner zweifelte die versprochene Reichweite von 10.000 Kilometern und die Wetterfestigkeit des Schiffes an. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Vorstandschef von Gablenz räumte gestern ein, dass der Einsatz des CargoLifters vor allem auf Mittelstrecken am sinnvollsten sei. Zur Abhängigkeit vom Wetter sagte er: „Der CargoLifter wird dann arbeiten können, wenn auch Kräne auf Großbaustellen arbeiten.“ Ein neu entwickeltes Ladesystem solle das ermöglichen.

Weil vorerst mit dem Schiff kein Geld zu verdienen ist, sucht sich CargoLifter andere Betätigungsfelder. Unternehmenschef Gablenz will dabei auch in Zukunft „jede Gelegenheit nutzen“. Für 1,8 Millionen Euro entstand auf dem Werftgelände bei Berlin ein Besucherpark. 80.000 Interessierte kamen und bezahlten 15 Mark Eintritt. Wenn ihnen alle übrigen Deutschen folgen würden, dann hätte die CargoLifter für die Zukunft ausgesorgt.

HOLGER DAMBECK