„Stoiber ist völlig paralysiert“

Jerzy Montag, 53, Landesvorsitzender der Grünen in München, zum Rücktritt Stamms und über Edmund Stoibers Dilemma. Er erwartet von der Nachfolge keine grundlegende Änderung in der bayerischen Politik

taz: Wie schätzen Sie den Rücktritt von Barbara Stamm ein?

Jerzy Montag: Er war überfällig. Es war klar, dass Frau Stamm und die Staatsregierung vertuschen, wo es nur geht. Nachdem jetzt auch noch der Schweinemastskandal hochgekommen ist und die Tatsache, dass sie es schon so lange gewusst und nichts getan hat, war es klar, dass sie gehen muss. Aber die Probleme bleiben bestehen – weil Stoiber offensichtlich völlig paralysiert ist.

Wackelt jetzt die Bayerische Staatsregierung?

Die Staatsregierung als solche und die absolute CSU-Mehrheit im Landtag wackeln natürlich nicht. Aber das innere Gefüge der CSU wackelt. Es ist ja nicht nur die Frau Stamm gegangen, sondern damit auch die stellvertretende Ministerpräsidentin und stellvertretende Parteivorsitzende. Es wird Umstellungsschwierigkeiten geben. Und wenn Stoiber wieder am Parlament und seiner Fraktion vorbei Kaninchen aus dem Hut zaubert wie zuletzt den neuen Verbraucherschutzminister Herrmann, wird er ziemlichen Krach in seiner eigenen Fraktion und Partei bekommen.

Reicht den Grünen dieser Rücktritt?

Nein, auch wenn wir ihn gefordert haben. Wir wollen eine Änderung der Politik. Sehen Sie: Wir haben hier schon wieder zwei neue Verdachtsfälle von BSE. Den Bayern ist von der Regierung vorgegaukelt worden, hier sei BSE-freies Gelände. Tatsache ist, dass wir natürlich auch in Bayern BSE schon seit Jahren hatten. Und zwar wegen der Versäumnisse zu Hause und nicht im fernen Europa oder in Berlin – wegen einer Fehlentwicklung über Jahrzehnte auf dem gesamten landwirtschaftlichen Sektor. Wir wollen, dass sich das ändert. Da war die Frau Stamm im Weg. Aber ich befürchte, dass ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin da auch keine grundlegende Änderung bringen wird.

In Bayern wird sich nichts ändern?

Da wird sich so lange nichts ändern, als sich die Mehrheitsverhältnisse nicht ändern. Ich glaube nicht, dass die CSU aus ihrer Mitte heraus die Kraft zu einer grundlegenden Erneuerung hat. Aber wir haben 2002 Kommunalwahlen, und 2003 haben wir Landtagswahlen. Und da haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit, eine grundlegende Wende in der Politik in Bayern einzuleiten. INTERVIEW: STEFAN KUZMANY