Hamburg frei von Wahnsinn

Alle sind irgendwie für Verbraucherschutz, aber niemand weiß genau, wie. BSE-Debatte gestern in der Bürgerschaft  ■ Von Sven-Michael Veit

Es müsse „Schluss damit sein“, finden Hamburgs Sozialdemokraten, „Rinder in den Wahnsinn zu füttern und Pillen vor die Säue zu werfen“. Um diese Erkenntnis zu verbreiten, schickten sie gestern extra Jürgen Schmidt in die Bütt zur BSE-Debatte der Bürgerschaft. Der bislang wenig in Erscheinung getretene verbraucherpolitische Sprecher der SPD-Fraktion wusste denn auch nur zu verkünden, dass „Hamburg bislang BSE-frei“ sei, und Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) „alles tut, damit es so bleibt“.

Woraufhin diese versicherte, nach nichts anderem stehe ihr der Sinn, und das solle auch so bleiben. Ihr Vorgehen gegen falsch deklarierte Wurst, von Kritikern in den vergangenen Wochen als zögerlich und verschleiernd gescholten, verteidigte Roth erneut. Falsch deklarierte Ware sei „umgehend aus den Supermarktregalen entfernt worden“. Die Namen verantwortlicher Hersteller oder Händler zu nennen, sei „juristisch schwierig“ und könne nur erfolgen, „wenn das gesichert ist“.

Schuld daran sei, assistierte GALier Peter Zamory, das Produktsicherheitsgesetz der früheren Kohl-Regierung von 1997. Das setze „sehr enge Grenzen“ und sei „novellierungsbedürftig“. Um so erstaunter sei er, spottete Zamory, dass gerade die Union „von der Senatorin verlangt, sich nicht an Gesetze zu halten“.

Genau dies hatte der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich gefordert. „Wer keine Namen nennt, nennt alle“, formulierte der Gesundheitspolitiker, „und trägt damit zur Verunsicherung der Verbraucher bei.“ Die „Betrüger müssen umgehend genannt und angezeigt werden“, befand Wersich und forderte SPD-Bürgermeister Ortwin Runde auf, sich an der jüngsten Umverteilung im rot-grünen Bundeskabinett ein Beispiel zu nehmen: „Bündeln Sie alle verbraucherpolitischen Kompetenzen in einer Hand.“

Vor Aktionismus und „dem Herumdoktern an Symptomen“ warnte erneut GAL-Fraktionschefin Antje Möller. In Ermangelung „sicherer BSE-Tests“ gebe es „keine schnellen Lösungen“. Um so notwendiger sei „der strukturelle Wechsel in der Agrarproduktion“.

Ein Stichwort, das Regenbogen-Vegetarier Lutz Jobs begierig aufgriff. Ohne artgerechte Tierhaltung und ökologischen Landbau bleibe die Sache weiterhin unappetitlich. Notwendig sei auch eine Stärkung der Hamburger Verbraucher-Zentrale. Die aber sei in den vergangenen Jahren systematisch „zusammengestrichen“ worden, allein in diesem Jahr um weitere 40.000 Mark. Das, findet Jobs, müsse geändert werden: „Ein Senat, der dieses Thema wirklich ernst nimmt, muss unabhängige Einrichtungen wie die Verbraucher-Zentrale besser ausstatten.“