„Einschnitt der Hoffnung“ zerschnitten

Innenministerium will keine Fachhochschule auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen. Polizeifuhrpark als Alternative? Libeskind-Konzept für Jugendbegegnungsstätte auf SS-Truppenplatz benötigt damit neue Investoren

Das Gedenkstättenkonzept auf dem Gelände des einstigen Konzentrationslagers Sachsenhausen droht zu platzen. Der Grund: Das brandenburgische Innenministerium will sich vom geplanten Bauvorhaben einer Fachhochschule auf dem Areal verabschieden. Statt von der Hochschule soll ein Teil des Standorts von einer Dienststelle der Polizei genutzt werden.

Die Gedenkstättenleitung sowie das Innenministerium hatten noch im vergangenen Jahr verabredet, neben einer Jugendbegegnungsstätte die Fachhochschule in das Erinnerungskonzept zu intergrieren. Daniel Libeskind, Architekt des Jüdischen Museums in Berlin, hatte Mitte der 90er-Jahre für Sachsenhausen einen Gebäuderiegel entworfen, in dem die Institutionen untergebracht werden sollen.

Nach Ansicht des Innenministeriums besteht für die Finanzierung der Fachhochschule kein Handlungsbedarf mehr, weil im Rahmen der Neustrukturierung der Ämter das Polizeipräsidium Oranienburg geschlossen werden soll. Die ursprünglich vorgesehene Nutzung der Fachhochschule auch zur Weiterbildung Oranienburger Schupos sei damit obsolet, so ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums.

Für die Stadt Oranienburg sowie den Leiter der Stiftung brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, stellt der Rückzug des Landes die gesamte Planung für Sachsenhausen in Frage. Für die Entwicklung des 38 Hektar großen Areals und die Umsetzung des Libeskind-Entwurfs sei die Einrichtung der Fachhochschule unabdingbar. Außerdem würde nur so „Leben“ auf das Gelände kommen“, so Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke.

Libeskind hat auf der Südseite des einstigen Konzentrationslagers, auf dem früheren SS-Truppenstandort, den Gebäuderiegel angeordnet. Dessen Häuser durchtrennen das SS-Lager wie ein Keil mit einem „Einschnitt der Hoffnung“ – als Symbol des Neuanfangs. Geplant sind hier die internationale Jugendbegegnungsstätte sowie die Ansiedlung von anderen kulturellen und privaten Einrichtungen. Auf dem westlichen Teil des Geländes war die Hochschule vorgesehen. Deren Wegfall würde ein Loch zwischen Stadt und Gedenkort reißen, und die Nutzung des Areals als Polizeidienststelle und Fuhrpark für Lastwagen würde nicht ins Gesamtkonzept passen.

Morsch will die Pläne dennoch nicht verloren geben. Wenn der Motor der Bebauung, die Fachhochschule, nicht realisiert würde, müssten Gespräche mit anderen Investoren aufgenommen werden. Morsch will dazu im März vor Ort eine Tagung veranstalten, auf der alternative Konzepte und Finanzierungen debattiert werden sollen.