Satellit darf senden

Der BGH entschied gestern: Die Überwachung der Pkws von mutmaßlichen Straftätern durch das Navigationssystem GPS ist grundsätzlich zulässig

KARLSRUHE taz ■ Die Satellitenüberwachung von Kraftfahrzeugen ist zulässig. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH). Zugleich schränkte der Vorsitzende Richter Klaus Kutzer allerdings auch ein: „Eine Totalüberwachung von Verdächtigen ist im Rechtsstaat unzulässig – selbst wenn es um schwerste Straftaten geht.“

Anlass für diese Grundsatzentscheidung war die (erfolglose) Revision des zum Islam konvertierten Linksextremisten Bernhard Falk. Gemeinsam mit Michael Steinau hatte er 1995 vier Sprengstoffanschläge auf die Häuser von CDU-Politikern und das Honorarkonsulat Perus in Düsseldorf verübt. Bei diesen Anschlägen der so genannten Antiimperialistischen Zellen (AIZ) entstand allerdings nur Sachschaden. Wegen mehrfachen Mordversuchs wurde Falk zu 13 Jahren und Steinau zu neun Jahren Haft verurteilt.

In der Revision rügten Falks Anwälte vor allem die Fahndungsmethoden der Polizei. Die Ermittler hatten ein von Falk benutztes Auto mit einem Empfänger für das satellitengesteuerte Navigationssystem GPS (Global Positioning System) präpariert. Durch die Auswertung der bis auf 50 Meter genauen Positionsdaten konnte der Fahrtweg des Pkws lückenlos nachvollzogen werden und einige der AIZ-Anschläge den Angeklagten zugeordnet werden.

Der BGH billigte nun den Einsatz des GPS-Systems bei Fahndungen. Es sei von der Strafprozessordnung gedeckt, da diese den Einsatz „technischer Mittel“ für Observationszwecke ausdrücklich zulasse. Außerdem sei damit der Polizei implizit auch erlaubt worden, den Wagen eines Verdächtigen heimlich auszuleihen, um die Apparatur einzubauen. Bisher hatten viele Gerichte dies verwehrt. Einschränkend erklärte der dritte BGH-Strafsenat allerdings auch, dass ein GPS-Einsatz künftig vom Richter zu genehmigen ist, wenn er über einen Monat dauert.

Die Anwälte hatten sich jedoch nicht nur gegen den Satelliteneinsatz selbst gewandt, sondern vor allem gegen die „Kumulation“ von Fahndungsmaßnahmen. Neben dem GPS-Einsatz wurde Falk beschattet, sein Telefon abgehört, der Hauseingang wurde videoüberwacht, und ein Lauschangriff im Auto war schon genehmigt.

Der BGH erklärte eine „Totalüberwachung“ von Verdächtigen jetzt zwar für unzulässig, fand jedoch, dass die Maßnahmen gegen die vermeintlichen AIZ-Täter noch „weit“ von einer Rundum-Überwachung entfernt waren. Er verwies dabei ausgerechnet auf Verteidigerin Lunnebach, die gestern wegen der nur „lückenhaften“ Indizien noch einmal eine Aufhebung des Urteils gegen Falk gefordert hatte. (Az.: 3 StR 324/00)

CHRISTIAN RATH