Toplaune trotz Dauerpleite

Die Volleyballerinnen des VC Olympia Berlin verlieren serienweise. Doch Bundesligasiege sind auch nicht das Ziel des Nachwuchsteams. Hier trainiert vielmehr die zukünftige Nationalmannschaft

von HOLGER STRÖBEL

Wieder was dazugelernt! Nirgendwo sonst ist die Stimmung nach verlorenen Spielen so gut wie hier im Berliner Osten. Ganz schnell ging es diesmal wieder. Eine gute Stunde hatte Aufsteiger Bayern Lohhof nur benötigt für ein klares 3:0. Es war für den VC Olympia Berlin, der hier in der von Plattenbauten eingekreisten Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz seine Heimspiele austrägt, die zehnte Niederlage im zehnten Spiel.

Doch der Trainer, dessen Position hier völlig ungefährdet ist, strahlt. Und seine Spielerinnen albern beim Auslaufen auch schon wieder herum. Manche kichern auch, keine von ihnen ist älter als 18 Jahre. Die gute Laune hat, trotz des miserablen Punktekontos, einen Grund: Hier in Lichtenberg wird an der Zukunft des Frauenvolleyballs gefeilt.

Wer beim VC Olympia spielt, soll genau dort hin – nämlich 2004 nach Athen. Der Verband ist ziemlich stolz auf diese Idee, die in Deutschland tatsächlich ihresgleichen sucht: Die besten Spielerinnen eines Doppeljahrgangs werden konzentriert an einem Ort zusammengezogen und spielen – quasi außer Konkurrenz – in der höchsten Klasse mit. So sammeln die Juniorinnen Spielpraxis statt bei ihren Heimatvereinen auf der Bank zu sitzen. Und, wie VC-Manager Götz Moser sagt: „Sie haben ein einjähriges Trainingslager unter Wettkampfbedingungen.“ Der Volleyballverband verspricht sich einiges von diesem Pilotprojekt, spätestens bei der WM 2002.

Hip ist das klassische Turnhallenspiel derzeit nicht, vor allem seit Beachvolleyball Fernsehzeiten und Sponsorengelder auf sich zieht. Daran haben auch etliche hektische Regelneuerungen in den letzten Jahren nichts geändert. Die meisten der elf Vereine in der höchsten Liga hängen am Tropf und können kaum den Etat decken.

Bestes Beispiel sind die Volley Cats Berlin: Anfang der 90er-Jahre, damals noch weniger modernistisch als SSC Berlin am Start, hagelte es Meister- und Pokaltitel in Serie, gekrönt vom Europacup-Sieg 1993. Jetzt hat man nicht mal mehr einen Trikotsponsor. „Wir befinden uns in einer Negativspirale“, sagt Präsident Norbert Bücker. Resignieren will er jedoch nicht, trotz eines einzigen Erfolges – ausgerechnet gegen den VC Olympia. Dorthin schielt Bücker ganz gerne. Wenn alles gut läuft, werden einige Spielerinnen von dort nach dieser Saison in Hohenschönhausen anheuern.

Die Talente von heute wechseln dann endgültig in den Erwachsenenbereich, der nächstjüngere Jahrgang beginnt – ebenfalls mit einer Wild Card – in der Zweiten Liga, um sich dann vor der nächsten Juniorinnen-WM 2003 wieder eine Saison lang mit den Besten ihres Fachs messen zu dürfen – wenn alles nach Plan verläuft.

Bisher sieht Siegfried Köhler, Sportdirektor beim Volleyballverband und früher selbst lange Jahre Nationaltrainer, dazu keine Alternative. Ein Fazit könne man zwar erst nach der Saison ziehen, aber: „Die Entscheidung, ob man es schafft oder nicht, fällt beim Übergang in den Seniorenbereich. Und der fällt viel leichter, wenn die Spielerinnen schon mal Erfahrungen mit dem Druck und der Spielweise in der Bundesliga gesammelt haben.“

Den Druck spüren sie, zweifelsohne. Auch wenn ihnen Niederlagen nicht krumm genommen werden. „Klar können wir ganz befreit spielen“, sagt Cornelia Dumler, „aber es wurmt uns schon, dass wir bisher immer nur verloren haben.“ Die Kapitänin des VC Olympia kam aus der Nähe von Nürnberg ins ferne Berlin. Nach dieser Saison trennen sich die Wege wieder. Angebote gibt es bereits, so wie für die meisten der Talente. Die 19-Jährige zieht es wahrscheinlich zurück in die fränkische Heimat, zum Tabellenführer DJK Karbach.

So lange warten, bis sie wieder über ein gewonnenes Spiel jubeln kann, muss Cornelia Dumler allerdings nicht. In der letzten Partie der Vorrunde gelang dem Nachwuchsteam beim SCU Emlichheim mit 3:2 der erste Erfolg. Dort guckt man jetzt, VC-Manager Götz Moser ist sich sicher, dumm aus der Wäsche: „Uns nimmt jeder extrem ernst, denn wer gegen uns verliert, ist das Gespött der Liga.“

Der Schaden für Emlichheim hält sich aber in Grenzen: Weil nach dieser Saison die Klasse auf zwölf Vereine aufgestockt wird, ist der Abstieg ausgeschlossen.