Bollwerk der Stadtstaaten

Regierungschefs einigen sich vorläufig auf Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Land Berlin soll Stadtstaatenprivileg behalten und kann weiter auf Milliardensegen hoffen. Bayerns Stoiber schäumt

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Berlin ist an einer Finanzpleite noch einmal vorbeigeschrammt – vorerst zumindest. Auf ihrer Sitzung zum umstrittenen Länderfinanzausgleich einigten sich gestern die 16 Regierungschefs der Bundesländer zwar auf eine Neuregelung der Ausgleichszahlungen zwischen reichen und armen Ländern ab 2005. Das Stadtstaatenprivileg, nach dem Berlin – ebenso wie Hamburg und Bremen – höhere Zuwendungen pro Einwohner als die Flächenländer erhält, bleibt aber vorerst erhalten. Außerdem sollen Sonderregelungen, wie die Hauptstadtfinanzierung, bei der Reform ausgeklammert werden. Bis zum April sollen die Länderressortchefs Finanzierungsmodelle über 2005 hinaus entwickeln.

Auf Initiative der reichen Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die auf eine Verringerung ihrer Zahlungen drängen, hatte das Bundesverfassungsgericht im November 1999 gefordert, den Länderfinanzausgleich ab 2002 neu zu regeln. Danach hätte das Land Berlin mit einem Defizit von 500 Millionen Mark rechnen müssen. Eberhard Diepgen (CDU) zeigte sich gestern zufrieden über die vorläufige Einigung unter den Bundesländern zum Länderfinanzausgleich: „Ich bin erleichtert, dass es gelungen ist, einen Angriff auf die Stadtstaaten abzuwenden“, sagte Diepgen.

Verantwortlich für den Erfolg sei die Gemeinschaft der Stadtstaaten untereinander gewesen sowie die Unterstützung der ärmeren „Nehmerländer“ wie etwa Brandenburg, so Diepgen. Mit den jetzt erreichten Beschlüssen bleibe die Belastung für Berlin beschränkt. Senatssprecher Michael-Andreas Butz wertete die „Eckpunkteregelung“ als „einen erster Etappensieg.“

Im Vorfeld der Verhandlungen hatte Finanzsenator Peter Kurth (CDU) an die „Solidarität zwischen armen und reichen Ländern“ appelliert. Die Aufkündigung der Zahlungen wirtschaftlich starker Länder an schwache führten zu einer Umverteilung und einer weiteren Schwächung gerade der neuen Bundesländer und Berlins. Im Jahr 2000 erhielt das Land rund 9,1 Milliarden Mark aus den Töpfen anderer Länder, rund 20 Prozent des Landeshaushalts. Die von den „Südländern“ geforderte Reduzierung um 500 Millionen Mark hätte quasi die Pleite der Stadt nach sich gezogen .

Während sich Diepgen optimistisch zeigte, dass die Einwohnerwertung der Stadtstaaten bei überproportional 135 Prozent verbleiben könnte und mit 12 Mark pro Bewohner zu Buche schlägt, hält Bayern-Boss Stoiber (CSU) den Beschluss diesbezüglich noch für offen. Die Stadtstaatenregelung sei nur „ausgeklammert“, nicht endgültig entschieden worden.

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