Keiner hält sichan die Spielregeln

EU legt „deprimierenden“ Bericht zu Tiertransporten vor. Fazit: Trotz der Vorschriften werden täglich Tiere gequält

BRÜSSEL taz ■ Ob Renate Künast (Die Grünen) bei ihrem ersten Mittagessen im Kreise der EU-Ministerkollegen heute in Brüssel Rindfleisch vorgesetzt bekommen wird, ist unklar. Aber auch ohne Rind dürften die Tischgespräche nicht appetitanregend sein: Es geht um BSE und Tiertransporte.

David Byrne, der für Verbraucherschutz zuständige Kommissar, legt einen Bericht vor, wie die 1995 verabschiedete EU-Richtlinie über Mindeststandards bei Tiertransporten bislang in der Union umgesetzt wird. Die Ergebnisse des Berichts bezeichnete ein Kommissionssprecher als „deprimierend“. Noch immer spielen sich auf Europas Straßen tagtägliche Dramen ab, die in regelmäßigen Abständen für schockierende Fernsehbilder sorgen. Doch in den meisten Mitgliedstaaten fehlt es nach Überzeugung der EU-Kommission am politischen Willen, Mindeststandards im Tierschutz durchzusetzen, die im Rat gemeinschaftlich beschlossen wurden. Nach wie vor kommen Tiere nach einer Fahrt quer durch Europa halb erstickt oder tot am Bestimmungsort an. Dabei hat die EU-Kommission vor fünf Jahren festgelegt, dass Fahrzeuge, in denen lebende Tiere transportiert werden, ausreichend belüftet sein müssen.

Auch andere Mindeststandards sind seither festgelegt: Nur Tiere in guter gesundheitlicher Verfassung dürfen auf die Reise geschickt werden. Die Fahrzeuge müssen angemessen ausgestattet sein und dürfen nicht überladen werden. Nach spätestens acht Stunden ist eine Pause fällig. Ein Reiseplan muss vor Fahrtantritt vom zuständigen Tierarzt genehmigt werden. Gegen diese Vorschrift wird in Deutschland, Holland, Frankreich und Spanien regelmäßig verstoßen. Die Zustände auf Viehmärkten sind in Belgien besonders brutal – die EU-Kommission hat deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Jährlich werden aus Osteuropa etwa 140.000 Schlachtpferde eingeführt, die meisten über Italien. Es hat sich wohl bei den Importeuren herumgesprochen, dass dort die Kontrollen besonders lasch sind. Obwohl die meisten Pferde in einer Verfassung an der italienischen Grenze ankommen, die eine Pause zum Füttern und Tränken vorschreiben würde, werden die Wagen von den italienischen Zollbeamten durchgewunken.

Den Pferdetransport will die EU-Kommission künftig durch detailliertere Vorschriften verbessern: Die Tiere sollten im Lkw in abgetrennten Boxen stehen, die Temperatur sich zwischen 0 und 30 Grad bewegen, die Luftfeuchtigkeit 80 Prozent nicht überschreiten. Bei der Einreise in die EU sollte eine Pause von 24 Stunden zwingend vorgeschrieben werden, um den Gesundheitszustand der Tiere wirklich beurteilen zu können.

DANIELA WEINGÄRTNER