Arm und Reich kommen sich etwas näher

Die Bundesländer einigen sich in ihrer Sonderkonferenz auf grobe Leitlinien für die Reform des Finanzausgleichs

WIESBADEN taz ■ Nur strahlende Gesichter gab es nach der Sonderkonferenz aller Ministerpräsidenten der Länder zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs gestern in Wiesbaden: Ministerpräsident Harald Ringsdorff (SPD) aus dem Armenhaus Mecklenburg-Vorpommern strahlte, als er vor die Presse trat, und auch sein reicher Amtskollegen aus Baden-Württemberg, Erwin Teufel (CDU). Ringstorff, der vor allem für die zehn Nehmerländer sprach, war „sehr zufrieden“, denn bei der Neuregelung, so war es wohl am Sonnabend in „Kamingesprächen“ vereinbart worden, dürften den Nehmerländern „keine unangemessenen Nachteile entstehen“.

Der Wahlkämpfer Erwin Teufel, der die drei großen Geberländer vertrat, freute sich schon über den kleinsten Erfolg: Die armen Bundesländer vor allem im Osten und die Stadtstaaten, die sich seit Jahren gegen alle Vorschläge für ein neue Ordnung bei der Verteilung der Steuereinnahmen der Länder, die zu einer Entlastung der Geberländer Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen hätten beitragen können, geschlossen gesperrt hätten, seien nun bereit, ihre Position zu revidieren. Am Status quo werde nicht mehr länger festgehalten, so Teufel. Und Ringstorff nickte zustimmend.

Doch von einer wirklichen Einigung sind die Ministerpräsidenten noch weit entfernt. In Wiesbaden erarbeiteten sie lediglich Leitlinien, ohne sich mit der Klärung von „Detailfragen“ (Teufel) zu belasten. Damit sollen sich jetzt die Finanzminister beschäftigen. Manifest wurde schon einmal, dass der „Aufbau Ost“ eine „gesamtstaatliche Aufgabe von Bund und Ländern“ zu bleiben habe. Am Solidarpakt II dürfe nicht gerüttelt werden. Balsam auf die verwundeten armen Seelen der Ministerpräsidenten der Ostländer, die dann mit unterschrieben, dass bei einer Neuregelung des Finanzausgleichs eine „stärkere Anreizorientierung“ verwirklicht werden müsse. Bei Steuermehreinnahmen über eine noch festzulegende Grenze hinaus, soll also mehr Geld als bisher in den Ländern verbleiben, deren Bürger es auch erwirtschaftetet haben, und weniger in den großen Topf für den Länderfinanzausgleich fließen. Neue Rechenmodelle müssten dazu entwickelt werden – auch für die Verteilung des Kuchens.

Immerhin auf eine konkrete Zahl einigte man sich: Verluste und Gewinne aus der Reform des Länderfinanzausgleichs sollen sich auf etwa plus/minus zwölf Mark pro Einwohner im ersten Jahr der Neuregelung beschränken. Dadurch solle die Reform vor allem für die ärmeren Bundesländer kalkulierbar bleiben, die die so entstehenden Millionlöcher schließlich stopfen müssen. Die Zustimmung dazu wurde den Armenhäusern mit der möglichen Verschiebung von Umsatzsteueranteilen vom Bund auf die Länder zu ihren Gunsten schmackhaft gemacht.

Prinzipiell sei man aber immer noch auf der „Suche nach dem neuen System“, sagte Teufel abschließend. Und wenn es am Ende doch nichts werden sollte mit der großen Einigung, würden die Geberländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen wieder ihrer bisherige Rechtsauffassung vertreten, wonach der Länderfinanzausgleich explizit und umfassend allein zu ihren Gunsten neu zu regeln sei. Und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wollte auch den erneuten Gang der großen drei zum Verfassungsgericht nicht auszuschließen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT