Nur langsam beginnen die Hilfsmaßnahmen

Die schwere Erdbebenkatastrophe fordert schätzungsweise 20.000 Tote. In der Stadt Bhuj sind 90 Prozent der Häuser beschädigt

AHMEDABAD taz ■ Die Zahl der Opfer des schweren Erdbebens vom 26. Januar im westindischen Bundesstaat Gujarat hat inzwischen etwas über 6.000 erreicht. Doch sie wird ständig nach oben korrigiert. Letzte Schätzungen sprechen von 20.000 Todesopfern und der dreifachen Zahl von Verletzten. Noch immer liegen hunderte Vermisste im Schutt der am schwersten betroffenen Städte Bhuj und Ahmedabad. In den abgelegenen Landstrichen im Norden und Westen des Bundesstaates, der mit 48 Millionen Einwohnern auch flächenmäßig mehr als halb so groß wie Deutschland ist, beginnen Rettungsteams erst jetzt mit der Arbeit. Das Beben mit einer Stärke von 7,9 auf der Richterskala wurde bis tief in den indischen Subkontinent wahrgenommen. In Pakistan war die Wirkung trotz der Nähe des Epizentrums viel geringer. Dort wurden bisher 15 Tote gezählt. Die schwersten Schäden entstand an Wohnhäusern, während Industrieanlagen, darunter Öl- und Gaspipelines, kaum betroffen wurden.

Die meisten Toten gab es in der Stadt Bhuj, die an einer Salzwüste 20 Kilometer südwestlich des Epizentrums liegt. Allein dort wird die Zahl der Toten bei einer Bevölkerung von 150.000 auf 6.000 geschätzt. 90 Prozent der Häuser sollen schwer beschädigt sein, zehn Prozent sind vollständig zerstört, darunter das städtische Spital. An vielen Orten mussten notdürftig Krematorien eingerichtet werden, um den Ausbruch von Epidemien zu verhindern. Die Holzvorräte sind weitgehend verbraucht, und viele Tote müssen mit Gummireifen und Kerosin verbrannt werden.

Bhuj ist der Hauptort der schlecht erschlossenen Kutch-Region, wo das Ausmaß der Katastrophe erst allmählich ins Bild rückt. In der Stadt Anjar brachen Hausmauern über 400 Schulkindern ein, als sie aus Anlass des Tags der Republik die enge Hauptstraße hinuntermarschierten. 50 starben. In der Gegend von Rapar im Norden soll die Hälfte der 110 Dörfer verschüttet worden sein.

Auch die Metropole Ahmedabad mit 3,5 Millionen Einwohnern wurde schwer getroffen. Über 100 Häuser, darunter drei Hochhäuser, stürzten beim Beben ein und begruben etwa 1.000 Menschen unter sich. Die meisten waren aus Anlass der im Fernsehen gezeigten Militärparade zu Hause geblieben. Da die Verbindungen mit Bhuj bis Samstagabend abgebrochen waren, begannen die zuerst aus dem Ausland eintreffenden Rettungsteams ihre Arbeit in Ahmedabad. Gestern rückten sie nach Bhuj vor in der rasch sinkenden Hoffnung, dort unter den Trümmer noch Überlebende zu finden. Währenddessen begannen die staatlichen indischen Rettungskolonnen in abgelegene Ortschaften vorzudringen. BERNARD IMHASLY