Wirtschaftsminister abgeschafft

In Sachsen-Anhalt hat sich Wirtschaftsminister Gabriel um Kopf und Amt geredet. Mit Katrin Budde folgt nun eine Frau

DRESDEN taz ■ Anders als von Sachsen-Anhalts bisherigem Wirtschaftsminister Matthias Gabriel (SPD) gefordert, wird die Wirtschaftsministerkonferenz Ost nicht abgeschafft – sondern umbenannt. Seit gestern muss um der Political Correctness willen ein „-Ministerin“ eingebaut werden: Erstmals hat in den ostdeutschen Bundesländern mit Katrin Budde (SPD) eine Frau das Wirtschaftsressort inne.

So unvorbereitet der ministerielle Wechsel kam, so schnell vollzog er sich. Vor zwei Wochen hatte Vorgänger Matthias Gabriel (SPD) dem Spiegel sein Leid geklagt. Die Arbeitslosen im Land würden sich damit begnügen, „im Turnhemd an der Tankstelle herumzuhängen“. Dies provozierte einen Aufschrei bei SPD, PDS und Gewerkschaften – sei doch Gabriel dafür verantwortlich, dass knapp 270.000 Arbeitslose auf nur 9.500 offene Stellen kommen.

Doch seine dümmliche Polemik wäre dem Wirtschaftsminister vielleicht noch durchgegangen. Nicht aber seine Äußerungen zum Aufbau Ost. Die von Wirtschaftsinstituten ermittelte Strukturlücke des Ostens sei mit 300 Milliarden Mark „zu hoch gegriffen“, spätestens 2002 müsse „Schluss sein mit der Sondernummer Ost“.

Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) zitierte Gabriel umgehend in die Staatskanzlei. Letzten Freitag – also noch vor Beginn der Verhandlungen zum neuen Länderfinanzausgleich – sollte sich Gabriel im Landtag des ärmsten deutschen Bundeslandes „erklären“.

Das klang dann so: Die Wirtschaftsministerkonferenz Ost gehöre abgeschafft. Er, Gabriel, wolle sich „endlich als vollwertiger Gesamtdeutscher fühlen“. Während das Regierungslager wegen des Alleingangs fassungslos war, handelte Höppner. Am Abend teilte der Ministerpräsident mit, er habe Gabriels Rücktrittsangebot angenommen.

Nachfolgerin Katrin Budde wechselt quasi von der Schulbank in die Politik. Nach ihrem Studium an der Magdeburger Universität zog sie bereits mit 25 Jahren in den ersten Landtag von Sachsen-Anhalt ein. Hier erwarb sie sich als wirtschaftspolitische Sprecherin Profil, wurde 1994 zur Fraktionsvize gewählt und leitete den Wirtschaftsausschuss. 1996 avancierte Budde, die dem linken Flügel angehört, schließlich zur stellvertretenden SPD-Landeschefin. Ob sich Budde „als vollwertige Gesamtdeutsche“ fühlt, ist nicht bekannt. Vollwertiges Mitglied der Wirtschaftsminister- und Ministerinnenkonferenz Ost ist sie jetzt jedenfalls. NICK REIMER