Prostitution als Dienstleistung

Rot-Grün will bald Gesetzentwurf vorlegen: Prostituierte sollen ihrer Arbeit künftig ganz legal nachgehen dürfen

BERLIN taz ■ Der größte Zuhälter ist der Staat. Er verlangt Steuern von Prostituierten aus „gewerbsmäßiger Unzucht“ – ohne Gegenleistung. Die rot-grüne Koalition will der „Doppelmoral“, wie die grüne Frauenpolitikerin Irmingard Schewe-Gerigk es nennt, nun ein Ende machen: Spätestens in zwei Wochen soll den Fraktionen ein Gesetzentwurf vorliegen, der es Frauen und Männern ermöglicht, ganz normal als Prostituierte zu arbeiten – wie Kassierer, Politiker oder Showmaster auch.

Dazu sollen vor allem zwei Barrieren fallen: Erstens soll das Anbieten einer sexuellen Dienstleistung nicht länger „sittenwidrig“ sein. Damit ist die Einigung über Sex gegen Geld ein gültiger Vertrag. Die Hure kann ihre Bezahlung vom Freier einklagen – und sie kann Krankenkasse wie Sozialversicherung beitreten.

Zweitens soll der Straftatbestand „Förderung der Prostitution“ abgeschafft werden. Darunter fiel bislang alles, was über die Vermietung eines normalen Hotelzimmers hinausgeht: Kondome auf dem Nachttisch, rotes Licht, ein Spiegel überm Bett oder was Staatsanwälte sonst mit Puff in Verbindung bringen.

Nicht durchringen konnte sich die Koalition dazu, Huren künftig normale Arbeitsverträge abschließen zu lassen. Nach Meinung der SPD sollen die Frauen auch arbeitsrechtlich zu überhaupt nichts gezwungen werden. Die Grünen wollten dagegen die Prostitution entmystifizieren und nichts riskieren, was den Sozialversicherungsanspruch in Frage stellen könnte. Sie verweisen darauf, dass auch Hurenselbsthilfegruppen nichts gegen ein paar Wochen Kündigungsfrist einzuwenden haben. Auch hätten die Grünen den Paragrafen über Zuhälterei lieber abgeschafft. So wollten sie es möglich machen, dass etwa eine Frau einen Puff betreibt, ohne eine Anklage wegen Zuhälterei fürchten zu müssen. Die SPD war dagegen. Schließlich wollten die Grünen die Sperrbezirksregel abschaffen, der es erlaubt, Huren in einige wenige Schmuddelstraßen abzuschieben. Dies wäre allerdings zustimmungspflichtig gewesen. „Wir wollten vermeiden, dass das Gesetz dann jahrelang dort schmort“, sagt Schewe-Gerigk. Geprüft wird noch, ob auch eine Aufhebung des Werbeverbots zustimmungspflichtig wäre. Wenn nicht, soll sie noch Eingang in den Gesetzentwurf finden. MATTHIAS URBACH