Ein Herz und eine Seele

Krach in der CDU? Streit um Schröder-Fahndungsplakat und Oppositionsstil? Woher denn! Parteichefin und Fraktionschef sind ganz nah beieinander

von BETTINA GAUS

Manchmal trägt es zum häuslichen Frieden bei, wenn Familientreffen nicht allzu lange dauern. Der Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin waren gestern klare zeitliche Grenzen gesetzt: Um 10 Uhr begann die Zusammenkunft – schon für 12 Uhr war ein Gespräch mit dem Deutschen Sportbund angesetzt. Das war vielleicht keine ideale Planung, hieß es aus Kreisen des Parteigremiums. Es wäre nützlich gewesen, etwas mehr Zeit zur Verfügung zu haben.

Nützlich für wen? Die Führungsspitze von Partei und Fraktion kam gestern mit einem blauen Auge davon. Zwischen der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und dem Unions-Fraktionschef Friedrich Merz kam es wenigstens nicht zum offenen Streit. Der Rücktritt des CDU-Generalsekretärs Laurenz Meyer, der auch nach interner Einschätzung hoffnungslos überfordert ist, wurde nicht verlangt. Angesichts des desolaten Erscheinungsbilds der CDU dürften die meisten Präsidiumsmitglieder schon für diese Atempause dankbar sein.

Prominente CDU-Politiker hatten sich seit der vergangenen Woche über die Medien einen Schlagabtausch geliefert – beim ersten persönlichen Zusammentreffen kam es wenigstens nicht zum Scherbengericht. Statt dessen einigte man sich auf Gemeinplätze: Die Abstimmung zwischen Partei-und Fraktionsspitze solle „noch weiter“ verbessert werden. Strategisch müsse man nun nach vorne blicken. Das missglückte Wahlplakat zur Rentenreform, auf dem Bundeskanzler Schröder wie ein gesuchter Verbrecher abgebildet war, sei eigentlich nur ein „Symptom“ für die mangelhafte Kommuniktion zwischen Partei und Fraktion gewesen, hieß es gestern.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ließ keinen Zweifel daran, bei wem ihrer Ansicht nach künftig die Bringschuld für die erhoffte bessere Absprache liegen soll: Die Fraktion müsse gegenüber der Partei eine „dienende Funktion“ einnehmen, betonte sie. Ob diese Sicht von Friedrich Merz geteilt wird? Der hatte letzte Woche immerhin klipp und klar erklärt: „Ich habe das Plakat nicht zu verantworten.“ Und einen sachlicheren Stil in der Oppositionspolitik gefordert.

In einem Punkt immerhin scheinen sich die meisten CDU-Politiker derzeit einig zu sein: Sie wollen erst mal Ruhe. Das umstrtittene Plakat sei als Thema „durch“ und „weg“, befanden der stellvertretende Parteivorsitzende Christian Wulff aus Niedersachsen und seine baden-württembergische Kollegin Annette Schavan.

Wer Genaueres über die Stimmung in der CDU erfahren will, muss zwischen den Zeilen lesen. Wer findet welche Form der Kritik erlaubt – und an wem? Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen soll im CDU-Präsidium die Ansicht vertreten haben, dass die Plakatkampagne bei größerer interner Solidarität durchaus hätte erfolgreich sein können. Andere hingegen meinten, man könne nicht mit so scharfer Munition schießen, wenn man sich ein Jahr lang um einen Rentenkonsens mit der Regierung bemüht habe.

Ungeachtet aller Differenzen möchte Generalsekretär Laurenz Meyer die „Informationsoffensive“ zum Thema Rente fortsetzen. Seine Chefin Angela Merkel mahnt, die „Sprache in der politischen Wortwahl“ dürfe „nicht weiter eskalieren“ – ganz so, als sei dies ein parteiübergreifendes Problem. Manche ihrer Parteifreunde denken unterdessen halb öffentlich darüber nach, ob die ursprünglich von der Opposition geforderten Neuwahlen in Hessen nicht eine große Chance für die CDU bedeuten könnten: Wenn nämlich Ministerpräsident Roland Koch dabei den Sieg davontrüge, dann könnte er ja vielleicht doch schon 2002 als Kanzlerkandidat antreten. Wer käme denn wohl sonst in Frage?

Eine berechtigte Frage.