Billiger Wohnen unterm Fernsehturm

Bausenator Strieder will Filetgrundstücke in Mitte unter dem Verkehrswert verkaufen, um Investoren zum Bauen und „Normalbürger“ als Bewohner zu gewinnen. Finanzsenator als zuständige Verkaufsinstanz wird dabei umgangen

Bausenator Peter Strieder (SPD) hat sich an seine Aufgaben als Stadtentwicklungssenator erinnert. Um der Stadtflucht wieder Einhalt zu gebieten und zugleich die Mitte Berlins mit neuen Bewohnern zu beleben, sollen Filetgrundstücke für Investoren zu erschwinglichen Preisen angeboten werden. Die Bauträger werden dabei verpflichtet, Wohnungen zu errichten und diese zu erschwinglichen Preisen an Käufer oder Mieter zu veräußern. Die Grundstückspreise sollen dabei weit unter dem gängigen Verkehrswert – also bei 10.000 Mark pro Quadratmeter oder weniger liegen.

Nach Ansicht des Bausenators muss der brach liegende private Wohnungsbau, wie im „Planwerk Innenstadt“ anvisiert, wieder angeschoben werden. Investoren dürften nicht nur landeseigene Grundstücke mit hohen Preisen und Wohnraum für potente Käufer feilbieten, diesen müsste statt dessen ein „interessantes Marktsegment“ eröffnet werden, sagte Petra Reetz, Sprecherin in der Bauverwaltung. Durch das Angebot verbilligten Bodens in guten Lagen könnte erreicht werden, dass Bauherren schneller als bisher Häuser und auch „mit erhöhten Standards für Normalbürger“ realisierten.

Derzeit werden für Grundstücke zwischen Alexanderplatz und dem Brandenburger Tor Preise zwischen 45.000 und 15.000 Mark pro Quadratmeter verlangt. Neue Wohnungen entstehen in Mitte angesichts dieser Marktpreise kaum.

Besonderen Einfluss erhofft sich Strieder mit seinem Vorhaben, die „soziale Mischung“ in diesen Bereichen zu stärken. Das städtebauliche Konzept beinhalte, mit Wohnungsbau wieder „mehr Leben“ in die Quartiere aus Geschäfts- und Bürobauten zu bringen, so Reetz. Insbesondere am Spittelmarkt und dem Molkenmarkt sollen darum Flächen unter dem Verkehrswert angeboten werden.

Da der Verkauf von landeseigenen Flächen „ausschließlich Sache der Finanzverwaltung“ und diese durch die Landeshaushaltsordnung an den Verkehrswert bei Veräußerungen gebunden sei, wie deren Sprecher Klaus Dittko sagte, will Strieder einem Konflikt mit Finansenator Kurth (CDU) aus dem Wege gehen. Der Bausenator will darum im Sommer eine Grundstücksliste ins Abgeordnetenhaus einbringen, um vom Parlament für den Verkauf eine Ausnahmeregelung zu erhalten.

ROLF LAUTENSCHLÄGER