Endlich am Ziel

SPD macht Wahlkampf in der Handelskammer: Der Stolz quillt aus jedem Knopfloch  ■ Von Peter Ahrens

Sie sind so stolz. Bausenator Eugen Wagner reckt sich. Er scheint noch ein bisschen massiger zu werden, als er es ohnehin schon ist. Wie er da vorne steht und als Kreisvorsitzender der SPD Mitte die GenossInnen begrüßt und das Wort „hier in der Höhle des Löwen“ buchstabiert und auf der Zunge zergehen lässt. Bürgermeister Ortwin Runde ist ein einziges Strahlen: „Wer hätte gedacht, dass wir uns als SPD einmal freiwillig in diesen Räumen versammeln?“ Die GenossInnen klatschen, Freude springt ihnen aus dem Gesicht. Sie wirken so, als seien sie endlich am Ziel: Die SPD macht Wahlkampf im Festsaal der Handelskammer – es ist der Abschluss der Regionalkonferenzen der SPD-Kreise: Diesmal laden Mitte und Wandsbek ein.

Man hat den Eindruck: All die gelernten Werkzeugmacher, die kleinen Studienräte, die Hausfrauen und Gewerkschafter, die heute SPD-Kreisvorsitzende und Ortsvereinskassenwarte oder SenatorInnen sind, sie sind jetzt da, wo sie immer hin wollten. Für Runde scheint es größte Auszeichnung, von der Handelskammer und ihrem Präses gelobt zu werden. In seiner Rede am Montagabend betont der Bürgermeister ausführlich, wie Kammerpräses Schües bei seinem Jahresvortrag zu Silvester dem Senat für seine Politik gute Noten gegeben hat. „Das war ein Lob nach dem anderen, die haben sich gar nicht mehr eingekriegt vor lauter Lob“, schwärmt Runde und kriegt sich selber nicht mehr ein. In diesem Moment wirkt er wie ein Schüler, dem sein strenger Lehrer übers Haar fährt, weil er einen Musteraufsatz vorgelegt hat. Ein Selbstverständnis Hamburger SPD-Bürgermeister, das die Handelskammer schon bei Rundes Vorgängern Henning Voscherau und Klaus von Dohnanyi schätzte.

Aber früher war früher. Heute sorgt eine Marketing-Gesellschaft dafür, dass die Basis auch mit SPD-Devotionalien eingedeckt wird: SPD-Bierdeckel, 300er Pack, Aufschrift „Die SPD ist immer oben“, 20 Mark; SPD-Glücksrad, 390 Mark das Stück, SPD-Traubenzu-cker, 800 Stück, 128,40 Mark, SPD-Bleistift natur, 144er-Pack, 39,90 Mark. Keiner interessiert sich für den Stand, auch nicht für den SPD-Stoffhund Rudi, es gibt nebenban Freibier, dafür interessiert sich die Basis. Bei den Infoständen der Bezirke gibt es Gummibärchen.

Vorne ist Runde gerade bei der CDU angekommen. Dass Hamburg schön ist, sei ein Erfolg von 44 Jahren CDU-Opposition, das solle auch so bleiben. Dass der Sicherheitsberater von Gegenspieler Ole von Beust nur ein „Double von Schill ist, der alles nachplappert, was Schill ihm vorgibt“ und dass das „Hauen und Stechen in der Hamburger CDU ja schon Tradition hat“. Für einen Lacher bei den Sozis ist die Union immer gut.

Es ist ohnehin ein guter Abend für die SPD-Seele. Die Bayern mit ihrer „Südstaaten-Piraterie“ bekommen vom Bürgermeister wegen ihrer Attacke gegen den Länderfinanzausgleich noch kräftig eins mit, auch das kommt immer an. Und als Runde die „Anwohner der Villengegend“ angreift, „die von Fuhlsbüttel gerne in alle Welt fliegen, aber auf die Barrikaden gehen, wenn der Super-Airbus über ihren Häusern an der Elbe einschwebt“, da klatschen die Genossen wie verrückt. Das ist Balsam für die Leute. Sie applaudieren gegen ihren Neid an, als würden sie bei sich denken: Ihr habt die Villen, aber wir haben das Sagen.

Und in die Handelskammer lassen sie uns auch schon rein.