Wissenschaftssenator in Erklärungsnot

Aufgebrachte Professoren lesen Wissenschaftssenator Stölzl die Leviten, denn jetzt sollen neue Hochschulverträge ausgehandelt werden. Ihr Ziel: Sie wollen weitere Kürzungen vermeiden. Stölzl: „Ich bin nicht der Finanzsenator“

In der Hochschulpolitik weht ein rauer Wind. Und er wird umso rauer, je näher die Verhandlungen für die neuen Hochschulverträge rücken. Diesmal waren es keine vor Wut schnaubenden Politikstudenten, die dem Wissenschaftssenator Christoph Stölzl (parteilos) den Marsch bliesen, sondern hauptsächlich Professoren und Präsidenten der Universitäten und Fachhochschulen. Am Montagabend stellte Stölzl sich im Rahmen der Vortragsreihe „Dahlemer Bildungsforum“ an der Freien Universität vorwiegend einem bereits ergrauten, aber nicht minder ärgerlichen Publikum. Das Thema: „Hochschulpolitik in Berlin – Zweck, Ziele und Zwänge“. Der Hauptstreitpunkt: das Geld.

Die versammelte Professorenschaft, allen voran der FU-Präsident Peter Gaehtgens, wollte die letzten Tage vor dem Beginn der Verhandlungen noch einmal nutzen, um ihren Standpunkt zu der aktuellen Hochschulpolitik deutlich zu machen: „Wenn weitere Kürzungen beim Uni-Etat drohen, können die noch verbliebenen 85.000 Studienplätze nicht gehalten werden.“ Mit den Hochschulverträgen soll die Finanzierung der Hochschulen über das Jahr 2003 hinaus gesichert werden. So war dann auch die bohrendste Frage die nach der Haushaltslage: Bis zum Jahr 2005 werden die Pensionslasten der Hochschulen auf knapp 25 Millionen Mark anwachsen, hinzu kommen Tarifsteigerungen und die Finanzierung der Bafög-Reform. Selbst bei der weiteren Fortschreibung der Mittel können diese Löcher in den Kassen nicht gestopft werden. Die Folge: Der Wissenschaftsstandort Berlin wird immer unattraktiver. Der Vizepäsident der TU, Kurt Kutzler, beklagte die Situation bei den Berufungen. In den nächsten vier Jahren muss die TU 160 neue Stellen besetzen. „Berlin ist nicht mehr konkurrenzfähig“.

Stölzl kann angesichts der bedrückenden Zahlen nur mit der Schulter zucken: „Ein gnädiges Geschick hat mich davor bewahrt, Finanzsenator zu werden“, seufzte der unglückliche Senator in der stillen Hoffnung, damit alle offenen Fragen wegzufegen. Ein erfolgloser Versuch. Die Herren wollten Lösungen.

Eine zufrieden stellende Antwort konnte Stölzl nicht abliefern. Nur den Hinweis auf die desolate Haushaltslage in Berlin. Dafür war Stölzl sichtlich bemüht, die Wogen im Streit zwischen dem Kultur- und dem Wissenschaftsetat zu glätten: Die Diskussion war Anfang des Monats entbrannt, nachdem eine Anfrage der PDS im Abgeordnetenhaus ans Licht brachte, dass die Wissenschaft den Kulturetat seit 1996 mit über 170 Millionen Mark subventioniert hatte. Sein einziger Erklärungsversuch: Die beiden „ungleichen Zwillingsschwestern“ ließen sich eigentlich gar nicht trennen.

CORINNA BUDRAS