„Die Schnelligkeit ist beeindruckend“

„Wenn der Wille da gewesen wäre, hätte Sirvens Auslieferung langsamer passieren können“, sagt Auslieferungsexperte Otto Lagodny

taz: Herr Lagodny, die Auslieferung von Alfred Sirven ging sehr schnell über die Bühne. Wollte man hier einen unliebsamen Zeugen möglichst schnell wieder loswerden?

Otto Lagodny: Die Schnelligkeit in diesem Verfahren ist wirklich beeindruckend. Da habe ich in Auslieferungsverfahren auch schon anderes erlebt.

Hat die Sache also „G'schmäckle“?

Formal ist die schnelle Abschiebung nicht zu beanstanden, immerhin war Herr Sirven ja inhaftiert, und die bevorstehende Auslieferung war der einzige Haftgrund. Aber wenn der politische Wille da gewesen wäre, hätten die deutschen Stellen das Verfahren gemächlicher angehen können.

Wie?

So hätte die hessische Generalstaatsanwaltschaft eine förmliche Prüfung der Auslieferung beim OLG Frankfurt beantragen können. In Fällen „besonderen Gewichts“ ist so etwas nicht unüblich. Das hätte die Auslieferung einige Tage hinausgeschoben.

Die CDU richtet Vorwürfe gegen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Hatte sie Möglichkeiten, die Auslieferung zu verzögern?

Ja. Sie hätte durchaus intervenieren können, weil das Verfahren nur aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung an die Länder delegiert ist. Dabei hätte sie ein weites „außenpolitisches Grundsatzermessen“ gehabt und auch die Balance mit innerstaatlichen Justizinteressen suchen können.

Besonders aktiv war die deutsche Justiz im Fall Leuna bisher ja noch nicht. Es gibt nicht einmal ein Ermittlungsverfahren ...

Auch das spielt hier eine Rolle. Wenn deutsche Staatsanwaltschaften ein Strafverfahren gegen Sirven eingeleitet hätten, dann hätte die Auslieferung ohne Weiteres aufgeschoben werden können. INTERVIEW: CHRISTIAN RATH