„Sie haben nicht unser Vertrauen“

■ Zwei Klägerinnen gegen den A380 lehnen das Ansinnen der Handelskammer ab, ihre Klagen zurückzuziehen. Die taz dokumentiert ihren Antwortbrief an Kammer-Geschäftsführer Schmidt-Trenz

Finkenwerder/Neuenfelde, 06.02.01

Sehr geehrter Herr Schmidt-Trenz!

In unserem demokratischen Rechtsempfinden und dem tatsächlichen deutschen Rechtsgefüge fühlen wir uns von Ihrem unmoralischen Angebot massiv angegriffen und setzen uns vehement zur Wehr!

Wie können Sie überhaupt in Erwägung ziehen, dass bisher erfolgreiche Kläger vor der nächsten Gerichtsentscheidung einem „Interessenausgleich“ zustimmen könnten?

Wie können Sie weiterhin in Erwägung ziehen, dass Kläger ausgerechnet der Handelskammer als „Moderator“ vertrauen sollten? Ihre Angriffe sind unsachlich und polemisch. Ihre „Informationen“ sind Legenden. Sie genießen nicht unser Vertrauen!

Wie können Sie in Erwägung ziehen, dass freie Bürger ihre Rechte verschachern? Damit Ihr Klient auf Kosten der Allgemeinheit und auf Kosten der Gesundheit, Lebensqualität und intakten Existenzen seine Interessen durchsetzen kann?

Was für ein Menschenbild haben Sie? Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet tiefverwurzelt in einer alten Kulturregion zu leben? Denken Sie wirklich, dass die Menschen hier in der Elbregion nach den Erfahrungen von Altenwerder noch ans „Schnäppchenmachen“ glauben?

Welches Gesellschaftsbild haben Sie? Wer die größten Anzeigen schaltet, hat das Recht für sich gepachtet? Sie wollen doch mit Ihrer unheiligen Allianz die Hamburger Bevölkerung in Sozial und Unsozial spalten! Und Sie wollen die Kriterien entscheiden? Möchten Sie wissen, wie viele Kläger in Beruf und Ehrenamt für Gemeinden, Kinder, Umweltschutz etc. engagiert sind? Und ob Sie das Recht haben, diese Leute derart zu verunglimpfen?

Was für ein Rechtsempfinden haben Sie? Sie wollen tatsächlich im Interesse der Industrie die bürgerlichen Rechte beschneiden lassen? Das ist Absolutismus, der durch die Aufklärung eigentlich überwunden schien.

Sie wagen sich auf gefährliches Terrain. Sie nutzen geschützte Daten, die Ihnen überhaupt nicht zukommen dürfen und versuchen, einzelne Kläger unter Druck zu setzen! Gleichzeitig lassen Betriebsrat und Manager Muskeln spielen, was für andere zweideutig sein könnte. Sie haben haben ganz offensichtlich die privaten Adressen der Klägerinnen, und wir sehen Anlass zu der Befürchtung, dass auch andere sie erhalten könnten.

In der Elbregion leben wir mit unseren Nachbarn in gegenseitiger Achtung und Toleranz – eine Einstellung, die sich in Jahrhunderten bewährt hat und die durch Ihre „Bemühungen“ jetzt gefährdet wird.

Herr Professor Dr. Schmidt-Trenz, zu Ihrem Angebot können wir nur „Nein“ sagen!

Jeanette Kassin

Gabi Quast