berliner szenen
: Gestern ist morgen

Retrospektiven

Zuerst FSK im Roten Salon: Vier plus ein (denn der Schlagzeuger ist, im Vergleich zur Beständigkeit der Band, nigelnagelneu) alte, mopsige, verheiratete, sympathische Bayern, die ruhig ihre groovy Märsche klimpern und irgendwo im hinteren Bereich der Songs kleine Kostbarkeiten wie „Haaaus der Kunst“ oder „Buuuuuster Rhymes“ chanten. Das war schon ein uriger Abend, voller neuer FSK-Fans, die kein Stück von vor 1996 kannten (also auch nicht die weltbeste „Pennsylvanian Schnitzelbank“ oder „Viel zu viel“) und die vor allem wegen der ungewöhnlichen Elektronik-Volksmusik-Mischung staunen, und ein paar wenige alte, die sich, weil die Musik sie so sehr an ihre Jugend erinnerte, plötzlich ebenfalls wie frisch geschlüpft fühlten.

Aber das scheint nur noch so zu sein, geht man auf Livekonzerte dieser Zeiten: Einen Tag später spielen die Trash Monkeys und Schwedens bekannteste Beatniks, The Hives im ausverkauften Knaack. The Nomads! THEE Milkshakes! The Sting-Rays! The Fuzztones! The Bugs! The Creeps! The Saints! Oder, geht man noch mal 20 Jahre zurück, The Sonics! The Trashmen! Chocolate Watchband! Wo sind die verdammt noch mal alle geblieben? Wir Fans sind doch auch noch da.

The Hives, mit dem jungen Mick Jagger am Mikrofon und Zachi Noy an der Gitarre hüpfen wie auf Poppern (oder Uppers oder Downers oder was man damals so geschluckt hat) auf der Bühne herum und kriegen ihre Mündchen nicht zu. Fast bis zur Maulsperre. Aber den Fans, ob den Wiedererkennern oder den Neuentdeckern, gefällt sogar der schlechte Sound: „He, das war halt so in den 60ern, da haben die Gitarren so voll schrottig geklungen!“

Ein paar der Besucher sehen bestimmt schon die dritte Aufführung dieser Art von Beat: die gleiche, fantastische Musik mit verschiedenen Darstellern. Muss beruhigend sein, wenn man genau weiß, dass alles wiederkommt, irgendwann. JENNI ZYLKA