Keine Angst vor Migration aus dem Osten

CDU-Positionspapier zu EU-Osterweiterung: Schröders Forderung nach siebenjähriger Übergangsfrist ist falsch

BERLIN taz ■ Es ist nicht einfach mit der Sacharbeit, der sich die CDU nach den Personalquerelen so gerne zuwenden möchte. Gestern stellte der Bundesfachausschuss Europapolitik ein Zehn-Punkte-Papier zur EU-Osterweiterung vor. Sehr dringlich kann der Partei ihr Papier nicht erschienen sein, der am 7. Februar verkündete Beschluss datiert vom 19. Januar.

Und auch mit ihren Positionen tut sich die CDU noch schwer. „Mit dem allgemeinen Gesumse Frieden, Freiheit, Solidarität nehmen wir niemanden mit“, hat die Bundestagsabgeordnete Martina Krogmann erkannt. Im jetzigen Stadium der EU-Osterweiterung gehe es um „konkrete Unterfütterungen“, ergänzt der Vorsitzende des Fachausschusses, der Europaabgeordnete Elmar Brok. Zum großen Thema EU-Reform findet sich in dem Papier jedoch wenig Konkretes. Die Staats- und Regierungschefs der EU hätten beim Gipfel von Nizza „ihre eigene Reformunfähigkeit bewiesen“. Bemerkenswerte Töne gibt es nur in der Frage, die kürzlich auch Bundeskanzler Gerhard Schröder umtrieb: Was bedeutet die Erweiterung für den deutschen Arbeitsmarkt? „Die Zuwanderung von Arbeitskräften wird keine großen Verwerfungen verursachen“, schreibt die CDU, „die Beitrittsperspektive verringert sogar den Migrationsdruck.“ Polen oder Balten hätten durch die Erweiterung eine bessere Perspektive in ihrer Heimat. Nach Untersuchungen seien daher jährlich höchstens 60.000 bis 100.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftige aus Osteuropa zu erwarten. Das Handwerk hoffe, ab 2005 Auszubildende aus den Beitrittsländern anwerben zu können. Die Forderung des Kanzlers nach einer siebenjährigen Übergangsfrist für Jobsuchende kritisiert die CDU als „voreilig und falsch“.

Die Chance, sich klar von Schröder abzusetzen, vertut die Oppositionspartei trotzdem: Auch sie plädiert für Übergangsfristen, möchte diese allerdings länderbezogen staffeln. Staaten mit geringer Bevölkerungszahl und großem Wirtschaftswachstum sollten bevorzugt werden.

„Was also unterscheidet Opposition und Koalition?“, fragt ein polnischer Journalist. „Ich kenne die Position der Bundesregierung in der Sache nicht so genau“, sagt Krogmann. Als sie merkt, dass dies vielleicht kein ganz überzeugendes Licht auf die Sacharbeit der CDU wirft, rettet sie sich in einen Angriff: Die Regierung weiche schließlich einer öffentlichen Debatte über die Erweiterung aus. Soll heißen: Woher soll ich dann wissen, was die wollen? PATRIK SCHWARZ