Sparen mit beschränkter Haftung

■ Senator Schulte will das Orchester in GmbH umwandeln, doch das will (noch) nicht

Selten ist man nach einer Pressekonferenz nach zwei Stunden immer noch am Diskutieren: Die Philharmonische Gesellschaft, die seit 175 Jahren die Geschäfte des Staatsorchesters ehrenamtlich besorgt, lud anlässlich der Wahl von Barbara Grobien zur neuen Vorstandsvorsitzenden ein. Grobien löst den Juristen Edzard Dettmers ab, der kaum noch bereit war, sich auf Reformen einzulassen, die zum langfristigen Bestand des Philharmonischen Staatsorchesters als einem A-Orchester notwendig sind. Zum ersten Mal sind auch die Politikerinnen Elisabeth Motschmann (CDU) und Carmen Emigholz (SPD) im Vorstand, an dessen Sitzungen neuerdings auch OrchestervertreterInnen teilnehmen.

Herrscht nun Aufbruchstimmung mit der Perspektive einer GmbH, wie Barbara Grobien sagte? Die Rechtsform GmbH meint, dass der Staat dann nur das Gehalt von 78,5 Stellen (zugesagt bis 2002 sind 82) als Fixum zahlt. Das Orchester ist noch in keiner Weise bereit dazu. Es wird für die Philharmonische Gesellschaft keine leichte Aufgabe sein, zwischen den besitzstandswahrenden Interessen einiger Orchestermitglieder und den Zumutungen einiger PolitikerInnen zu vermitteln. Alle sind gleichermaßen gefordert, sich durch politische Entscheidungen einerseits keinen überbraten zu lassen, andererseits unvermeidliche Zeichen der Zeit auch positiv und konstruktiv zu sehen.

Die Philharmonische Gesellschaft, die ihre eigene Unprofessionalität und Verschlafenheit zu überwinden bereit ist, will langfristig das Niveau eines A-Orchesters sichern, kein „Sammelsurium von Aushilfen“ mehr verwalten. Ihre Bedingungen dafür sind, so Schriftführer Michael Bömers, ein ausreichender Förderbeitrag des Staates – Zahlen wurden noch nicht genannt – und der Besitzstandschutz für die OrchestermusikerInnen. Bömers ist nicht der Meinung, dass das Orchester Reformen hinauszögert, sondern gibt zu bedenken, dass es sich zwischen Kulturpolitik und Philharmonischer Gesellschaft zurechtfinden muss.

Von der Politik ist das Orchester jahrelang übel behandelt worden, nun „wird es endlich wahrgenommen“, sagt Grobien. Motschmann bezeichnet die geplante Umwandlung in eine GmbH als eine „Befreiung vom Zustand der nachgeordneten Dienststelle“. Das kann stimmen, das kann aber auch Schönrederei sein. Denn der Ausgangspunkt der strukturellen Umwandlung ist eben doch das Sparen. „Es geht uns zunächst nicht um die Strukturreform, sondern um die noch nicht akzeptablen Rahmenbedingungen. Wenn die erarbeitet sind, finden wir auch die Struktur“, glaubt Florian Baumann vom Orchestervorstand. Und Gregor Daul, ebenfalls Vorstand: „Fast alles, was wir planen, scheitert, weil wir keine Organisation haben.“

Eins ist sicher: So lange es nicht gelingt, Ausgaben für Institutionen wie Universität, Museen, Theater und Orchester als Investitionen und nicht als Kann-(Wegfallen)-Leistung zu verstehen, kann man sich mit notdürftigen Bereinigungen wie im Fall der Orchester-GmbH nicht zufrieden geben.

Ute Schalz-Laurenze

Am 12.2. um 19.30 Uhr lädt die Initiative „Anstoß“ ins Haus der Bürgerschaft zu einer Diskussionsveranstaltung über das Orchester ein.