Die BSE-Kuh ist nicht vom Eis

■ Runder Tisch hin oder her – eine ökologische Umsteuerung der Landwirtschaft muss her. Das fordert die Grüne Karin Mathes

„Vorsorgender Verbraucherschutz umfasst mehr als Beratungsangebote und angemessene staatliche Kontrollen.“ Mit diesen Worten kritisiert die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Karin Mathes die Maßnahmen, die in Bremen ergriffen wurden, um das Vertrauen der Verbraucher trotz BSE zurückzugewinnen. Stattdessen sei eine Neuorientierung in der Erzeugung und der Verarbeitung der Nahrungsmittel erfoderlich – so heißt es in einer kleinen Anfrage, die die Grüne jetzt an den Senat stellte.

Sie bezieht sich damit auf den im Oktober vergangenen Jahres von der EU abgesegneten Plan zur „Entwickulng des ländlichen Raums“, der unter der Federführung des Wirtschaftssenators Josef Hattig (CDU) erstellt wurde. 21 Millionen Mark könnten innerhalb der nächsten fünf Jahre bei der EU abgefordert werden – vorausgesetzt, Bremen ergänzt das Programm aus Landesmitteln. Im Jahr 2001 würde diese Co-Finanzierung den Wirtschaftssenator rund 750.000 Mark kosten. Die grüne Umweltexpertin plädiert für einen Schwerpunkt in Richtung Ökologisierung der Landwirtschaft.

taz: Frau Mathes, ein „Runder Tisch“ zum Thema BSE wurde ins Leben gerufen, um das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Unter anderem wollen sich die 25 Interessensvertreter auf einen Broschürentext einigen.

Karin Mathes: Ich bin mal gespannt, ob da eine Einigung gelingt. Immerhin sitzen hier Vertreter der Landwirtschaftskammer an einem Tisch mit Menschen, die die Verbraucherinteressen verteten: Die Landwirte kämpfen um ihre Existenz, die Verbraucher wünschen sich ein Höchstmaß an Sicherheit.

„Hochindustrialisierte“ Ställe gibt es hier nicht, sind denn im kleinen Land Bremen bei gerade mal 12.000 Rindviechern die Interessen wirklich so weit auseinander?

In der Tat sind die Gegensätze hier nicht so groß wie anderswo, und genau da muss man ansetzen. Die Bauern hier wirtschaften ziemlich umweltverträglich. Man muss jetzt konsequent die Ökologisierung der Landwirtschaft betreiben. Ich bin sehr dafür, die Landwirte hier zu unterstützen – wo sonst soll denn das Fleisch herkommen, das wir essen.

Die BSE-Fälle sind aber auch häufig in kleineren Betrieben aufgetaucht, da also, wo extensiv gewirtschaftet wird.

Eben, das Problem ist das zugekaufte Kraftfutter, dem verbotenerweise Tiermehl zugefügt war – einer der möglichen Übertragungswege. Ein „Bremer Label“, wie es der Runde Tisch vorgestern besprochen hat, macht nur Sinn, wenn durch ökologische Landwirtschaft das Risiko gering gehalten wird.

Wie müsste die Förderung aussehen?

Gefragt ist jetzt der Wirtschaftssenator, Herr Hattig. Mit dem EU-Programm zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes gibt es ein gutes Instrument, mit dem die Neuorientierung gelingen könnte. Voraussetzung ist die Aufstockung aus Landesmitteln. Aber das schleppt sich beim Wirtschaftssenator so dahin.

Die Direktvermarktung muss gefördert werden und die Landwirte müssen über die Möglichkeiten der Umsteuerung rasch aufgeklärt werden. Es ist ganz wichtig, dass die Länder jetzt diese zweite Säule der EU-Agrar-Politik stützen.

Herr Hattig sagte kürzlich, er sehe trotz der BSE-Krise keine Veranlassung zur Umsteuerung auf ökologische Wirtschaftsweisen.

Dann weiß er nicht, was aus seinem eigenen Hause stammt. Der Plan zur Entwicklung des ländlichen Raums enthält auch den Baustein „Ökologisierung“.

Was erwarten Sie sich in punkto Verbraucherschutz vom Runden Tisch?

Dass dort nicht nur Strohfeuer abgefackelt werden. Auch das geht an die Adresse von Herrn Hattig: Die unabhängigen Beratungsinstanzen müssen gestärkt werden – und zwar langfristig. Das gleiche gilt für die verschärften Futtermittelkontrollen, die Gesundheitssenatorin Hilde Adolf angekündigt hat. Man kann doch nicht erst aktiv werden, wenn die Krise da ist. Es gibt zum Beispiel erhebliche Defizite bei der Kontrolle der novel-food-Verordnung. Das nächste, was uns beim Viehfutter ins Haus steht, sind die gentechnischen Veränderung daran.

Fragen: hey