Freude über Nummer 15

Der Norweger Kjetil Andre Aamodt holt hinter dem Schweizer Michael von Grünigen Silber im WM-Riesenslalom von St. Anton und verbessert damit seinen eigenen Medaillenrekord

von FRANK KETTERER

Es sah alles so gut aus für Kjetil Andre Aamodt im ersten Durchgang des Riesenslaloms gestern Vormittag bei der alpinen Ski-WM im österreichischen St. Anton. 1:10,58 Minuten hatte der flotte Norweger gebraucht, um die Tore zu umkurven, was er auf eine Art tat, die den Verdacht aufkommen ließ, es habe ihm da eigens jemand Schienen auf den Hang genagelt, auf jeden Fall aber ein paar Zehntel schneller als der Österreicher Christoph Gruber, der Italiener Allesandro Roberto und – für Nicht-Österreicher besonders erquickend – vor Maiers Hermann. Und es war auch am Ende alles gut für Kjetil Andre Aamodt, auch wenn der flotte Norweger noch abgefangen wurde vom Schweizer Michael von Grünigen, der mit einer furiosen zweiten Fahrt und nach insgesamt 2:23,8 Minuten noch vorbretterte vom fünften auf den ersten Rang und somit zum WM-Titel im Riesenslalom – vor Aamodt (2:24,15) und dem Franzosen Frederic Covili (2:24,18), der Österreichs Maier auf Rang vier verwies.

Dass Aamodt am Ende nicht Gold verloren, sondern Silber durchaus gewonnen hatte, liegt daran, dass sich der 29-Jährige schon vor dem gestrigen Riesentorlauf nichts mehr beweisen musste. Warum auch, wo er doch zwei Tage zuvor, am Dienstag, schon einen Rekord aufgestellt hatte, von dem selbst der von seinen Landsleuten zum Skigott hochgejazzte Maier bis auf weiteres nur träumen darf? Zum dritten Mal in Folge hatte sich Aamodt da den WM-Titel gesichert in der Kombination, jenem nicht mehr ganz unumstrittenen Doppelpack aus Slalom und Abfahrt, und damit seine 14. Medaille bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen insgesamt gewonnen, der gestern nun Nummer 15 folgte. Was Rekord ist in der Welt der Buckelrutscher und annähernd nur erreicht wird von Aamodts Landsmann und Freund Lasse Kjus sowie der Ski-Legende Marc Girardelli, die es beide auf 13 Plaketten bringen.

Aber selbst auf solche Dinge gibt Aamodt, der vor genau zehn Jahren im Super G seine erste WM-Medaille einheimste (Silber), wenig. Zwar freute sich der 29-Jährige über die hinzugekommenen Trophäen „wie über die erste“, gleichsam versuchte er die Größe der eigenen Tat herunter zu dimmen. „Früher war die WM nur alle vier Jahre“, kommentierte Aamodt seinen Rekord – und also nur halb so oft Gelegenheit, sich Medaillen um den Hals hängen zu lassen, was die eigene Bestmarke doch relativiere.

Diese Bescheidenheit ist es denn auch, die den Norweger so sympathisch daherkommen lässt in der immer lauter und greller werdenden Welt der Alpinen: Aamodt ist einer der eher Stillen im bunten Skizirkus geblieben, auch seine Erfolge haben ihn nie den Boden unter den Skiern verlieren lassen, es sei denn bei Sprüngen während der Abfahrt. „Als ich angefangen habe, Ski zu fahren, habe ich das aus Spaß gemacht. Heute macht es immer noch Spaß“, hat Aamodt bei der WM in St. Anton gesagt. Bei all den Medaillen ist das ja auch kein Wunder.