„Ich finde Tom Stromberg sehr mutig!“

Jack Kurfess, neuer kaufmännischer Schauspielhaus-Geschäftsführer, über die Zukunft  ■ Von Petra Schellen

Hohe Wellen schlug vor knapp zwei Wochen die plötzliche, mit Kritik am Intendanten Tom Stromberg verknüpfte vorzeitige Kündigung des kaufmännischen Schauspielhaus-Geschäftsführers Peter F. Raddatz; ein Medienhype der besonderen Art brach los, als schon wenige Tage später mit Jack Kurfess ein möglicher Nachfolger präsentiert wurde. Doch endgültig entschieden wurde erst in der gestrigen Aufsichtsratssitzung – mit dem von vielen Seiten gewünschten Resultat: Jack Kurfess, bis Juli 2000 kaufmännischer Geschäftsführer auf Kampnagel, wird vom 1. August an für zwei Jahre – mit Option auf Vertragsverlängerung – am Schauspielhaus die Geschäfte führen. Wir sprachen mit ihm.

taz hamburg: Was reizt Sie am Job des kaufmännischen Geschäftsführers im Schauspielhaus? Bedauern Sie nicht, den gerade begonnen Aufbau des Studiengangs Theaterregie an der Uni Hamburg unterbrechen zu müssen?

Jack Kurfess: Die Tätigkeit an der Uni Hamburg ist zwar reizvoll, aber sie fordert mich nicht 100-prozentig, und ich wusste immer, dass mich irgendwann eine größere Aufgabe reizen würde. Dass das Angebot der Senatorin jetzt so schnell kommen würde, habe ich nicht gedacht, aber da ich nun mal in meiner Lieblingsstadt Hamburg geblieben bin, stelle ich mich der Herausforderung hier und jetzt.

In den Medien – auch in diesem – wurde in den letzten Wochen mancherlei spekuliert. Wie gut kennen Sie Tom Stromberg nun wirklich?

Er ist mir vor drei oder vier Jahren bei einem Empfang vorgestellt worden, ich habe ihn auch ein paarmal auf Kampnagel getroffen, aber ich kannte ihn nicht persönlich. Aber natürlich wusste ich, wofür Stromberg steht.

Wie würden Sie Strombergs künstlerisches Programm charakterisieren?

Ich denke, er versucht Dinge, die er in den letzten Jahren im Frankfurter TAT erfolgreich aufgeführt hat, jetzt auf ein großes Haus zu übertragen. Dass das Anfangsschwierigkeiten geben würde, muss ihm wohl klar gewesen sein. Gerechtfertigt ist das, was Stromberg versucht, in jedem Fall. Wir schreiben schließlich das 21. Jahrhundert, und die Sehgewohnheiten der Menschen haben sich verändert. Da muss es einem Intendanten nicht nur erlaubt, es muss sogar gefordert sein, dass er über die Zukunft des Theaters nachdenkt. Und zwar nicht im stillen Kämmerlein, sondern ganz praktisch mit den Dramaturgen zusammen. Es muss erlaubt sein zu probieren, ob das funktioniert. Ich finde Stromberg sehr mutig.

Wann „funktioniert“ in Ihren Augen ein künstlerisches Programm?

Es bedeutet, dass es in der Stadt genügend Menschen gibt, die das Programm interessant finden und die die Vorstellungen besuchen. Aber ich glaube, Stromberg und seine Dramaturgen wissen sehr genau, was sie tun. Dass sie mit Je-rome Bel hier keinen großen Saal füllen würden, war klar. Aber sie wollen eben ausprobieren, wieviele Leute sich das anschauen und ob es mit der Zeit mehr werden. Denn was nicht ist, kann ja noch werden. Ich verstehe auch, dass es im Haus Mitarbeiter gibt, die der Ära Baumbauer nachtrauern. Aber es ist eben Wesen eines Hauses, dass das künstlerische Programm wechselt. Und was wäre schlimmer als Stillstand?

Betrachten Sie Diskussionen als sinnvolle Verständnishilfen, die die Akzeptanz beim Publikum erhöhen?

Ich persönlich mag pädagogische Veranstaltungen nicht besonders, aber manche Menschen schätzen das. Auf Kampnagel werden zum Beispiel nach manchen Veranstaltungen Publikumsgespräche abgehalten.

Wie beurteilen Sie die derzeitige Finanzsituation am Schauspielhaus?

In den nächsten drei Jahren wird die die Stadt Hamburg 36,2 Millionen geben; sieben Millionen müssen erwirtschaftet werden. Das sind klare Zahlen, mit denen man planen kann. Stromberg hat insofern Glück, als er mit einem Finanzpolster anfangen und die Sache so entspannt angehen kann. Ein solches Polster hatte Frank Baumbauer zu Beginn seiner Hamburg-Ära nicht.

Werden Sie dem Schauspielhaus künftig ein rigoroses Sparprogramm auferlegen?

Es gibt im Moment keinen Anhaltspunkt dafür, dass das nötig ist. Es existiert ein mittelfristiger Finanzplan, der besagt, dass in drei Jahren Ausgaben und Einnahmen übereinstimmen. Davon, dass das gelingen wird, gehe ich aus.