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Bauen statt brauen auf dem Kiez

Abriss der Bavaria-Brauerei auf St. Pauli steht bevor. Hochverdichtetes Büro- und Wohnviertel mit 1200 Parkplätze geplant  ■ Von Gernot Knödler

Auf dem Gelände der Bavaria St. Pauli Brauerei soll ein Geschäfts- und Wohnviertel gebaut werden. Nach Informationen der taz hamburg wird die Holsten-Brauerei das als städtebauliches Filetstück geltende Areal voraussichtlich in den nächsten Tagen an eine Gruppe von Investoren verkaufen. Der Preis wird als Geheimsache gehandelt. Für die Umgestaltung muss die Bezirksversammlung Mitte einen neuen Bebauungsplan beschließen.

Die knapp 4000 Quadratmter große Fläche am Zirkusweg gegenüber dem ehemaligen Hafenkrankenhaus soll mit 110.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche ungewöhnlich dicht bebaut werden. Mindestens 30 Prozent der Fläche auf St. Pauli soll Wohnungen vorbehalten sein, der Rest überwiegend Büros, Geschäfte und wohl ein Hotel. Eine Tiefgarage mit 1200 Plätzen soll die zusätzlich heranrollenden Autos schlucken.

Um die große Geschossfläche bauen zu können, wollen die möglichen Investoren die beiden Hochhäuser durch neue ersetzen. Auch der Astra-Turm müsste abgerissen werden. Der Bauausschuss Mitte favorisiert eine Variante mit nur einem scheibenförmigen Hochhaus mit der Stirnseite zur Elbe. Der heutige geschlossene Block, der die Hopfenstraße mit einer hohen Ziegelmauer von der Geestkante abschneidet, soll durch die Verlängerung existierender Straßen und neue Passagen erschlossen werden.

„Für den Stadtteil ist es eine Riesenchance, das wieder durchgängig zu machen“, sagt Markus Schreiber von der SPD-Fraktion Mitte. Seine Partei sei daran interessiert, min-destens 35 Prozent Wohnungen zu bauen. Ein noch höherer Anteil wäre durch gepoolte Wohnungen möglich: Der Investor würde einen Teil der bei anderen Projekten geforderten Wohnungen auf dem Brauerei-Gelände bauen. Auch Claudius Lieven von der GAL plädiert für eine gemischte Struktur mit hohem Wohnanteil: „Es macht keinen Sinn, St. Pauli an dieser Stelle zum Bürostandort zu machen.“

Wie aus Investoren-Kreisen zu hören ist, soll das Kiez-Bier „Astra“ weiter auf dem Gelände gebraut werden. Wie die Brauerei in die Baupläne integriert werden soll, ist noch unklar. Bavaria-Geschäftsführer Rudolf Toboll hatte das bereits voriges Jahr versprochen.

Anfang 1998 hatte der Senat die Kiez-Brauerei, welche der Dortmunder Konzern Brau und Brunnen schließen wollte, nach heftigen Protesten der Belegschaft für knapp 100 Millionen Mark erworben und dadurch vorerst gerettet. Im Herbst desselben Jahres verkaufte er den Betrieb samt Gelände für 115,7 Millionen Mark an den Holsten-Konzern weiter unter der Bedingung, die 220 Mitarbeiter müssten bis 31. Dezember 2002 beschäftigt werden. Holsten hat die Beschäftigungsgarantie im vergangenen Jahr verlängert.

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