Degerloch wird zugeschüttet

■ St. Pauli besiegt schwache Stuttgarter Kickers mit 2:0, ohne sich zu verausgaben, und bleibt dadurch „Spitzenzweiter“

Eine Pressekonferenz, auf der nicht die Worte „ich glaube, das hat man heute auch gesehen“ fallen, ist eine ohne Dietmar Demuth. Was St. Paulis Trainer am Freitagabend im Stuttgarter Waldaustadion gesehen hatte, „war ein reines Kampfspiel“. Doch auch solche haben hin und wieder ihre Reize.

Gegen eine Stuttgarter Mannschaft, die unter Trainer Reiner Zobel immerhin den Siegeswillen wiedererlernt hat, hatten die Braun-Weißen in den ersten Minuten einige Probleme im Defensivbereich. Besonders Antonio Silvio stellte die Innenverteidigung immer wieder vor Probleme. So auch in der 12. Minute, als er Daniel Scheinhardt mit einer simplen Körpertäuschung aussteigen ließ und das Tor nur knapp verfehlte. Die Maßnahme, statt Kapitän Holger Stanislawski den Ex-Offenbacher Dubravko Kolinger ins Abwehrzentrum zu rücken, schien zunächst verunglückt, der Kroate wirkte allein durch übertrieben theatralische Gesten wie ein echter Libero.

Im Spielverlauf steigerte sich Kolinger dann allerdings, und mit ihm kam das ganze Team besser in Schwung. Nach einer Lotter-Flanke über 50 Meter erzielte Holger Wehlage die 1:0-Führung. Wie wichtig die war, erschloss sich dann in der Folgezeit, denn nun hatte man nicht mehr den Eindruck, als könne der Gast das Spiel noch aus der Hand geben. Zwar hatten die Kickers mehr Ballbesitz, die Ideenlosigkeit im Spielaufbau war jedoch frappierend. Logische Folge: Das 0:2 durch Marcel Rath in der 55. Minute. Der freistehende Ivan Klasnic, der erneut aufreizend pomadig über das Terrain flanierte, hatte den Ball locker-flockig an Sead Ramovic vorbeischieben wollen, was der zunächst vereitelte. Gegen den trocken-brachialen Nachschuss von Marcel Rath war er dann aber machtlos.

Nach dem Sieg bleibt St. Pauli „Spitzenzweiter“. Wie schwach allerdings der Gegner war, ließ sich daran ermessen, dass nicht nur Tribünengast Jürgen Sundermann (der Ex-Mann von Hans Rosenthals Assistentin Monika) davon sprach, er habe das beste Heimspiel seit langem gesehen. Und auch Rainer Zobel behauptete, ohne vor Scham rot zu werden, sein Team habe „so viele Chancen gehabt wie in den letzten sieben Spielen zusammen.“ Dass das immer noch nicht zweitligatauglich ist, bestritten indes auch eingefleischte Kickersfans nicht. „Das hat man heute glaube ich auch gesehen“, würde Demuth hier sagen. Christoph Ruf