Das Spiel dauert 38 Minuten

■ Abstieg war nach dem 3:0-Sieg des HSV erst einmal nur noch für den VfL Bochum ein Thema

Zu den großen Lügen des Fußballs gehört bekanntlich die, dass das Spiel 90 Minuten dauert. Das Spiel am Sonnabend im Volksparkstadion dauerte genau 38 Minuten. In dieser Minute lag Bochums Keeper Rein van Duijnhoven frustriert in seinem Tor und machte nicht den Eindruck, sein Tagewerk noch einmal aufnehmen zu wollen. Die 21 Kollegen ließen sich von ihm unverzüglich anstecken. Da jedoch die Regeln eine Pflichtanwesenheit auf dem Rasen bis zum Abpfiff des Schiedsrichters vorsehen, nutzten die Herren Profis die folgende Zeit zu einem einstündigen Auslaufen. Gut, dass der HSV da schon 3:0 führte, so störte die Trainingseinheit dort unten auch auf den Rängen niemanden mehr.

Das war also das Schicksalsspiel. Wenn der HSV-Trainer auch das wieder verloren hätte, ja, dann. Hat er aber nicht. Also auch das Thema war nach 38 Minuten erledigt. Die Medienleute konnten sich jede Art von Pagelsdorf-Nachruf sparen und verlegten ihre Trainerabschuss-Terminologie stattdessen auf den Sportskameraden Zumdick vom Verlierer und Tabellenletzten VfL Bochum.

Der hatte wahrhaft Mitleid verdient, denn so abwehrschwach hat sich lange kein Team mehr im Volkspark präsentiert. Die HSV-Führung wurde Yeboah von mehreren VfL-Verteidigern regelrecht aufgedrängt, so dass dem Stürmer gar nichts anderes übrig blieb, als den Ball letztlich einzuschießen.

Zu dem Zeitpunkt hätten die Bochumer selbst schon führen können, doch Peschel vergab gleich in der Anfangsphase die dickste Gäs-techance, als er freistehend den Ball nicht ins Tor, sondern an den linken Butt-Fuß beförderte. Wenn der HSV-Torhüter da nicht so reaktionsschnell gewesen wäre, ja, dann. War er aber. Fußball-Analyse ist ganz viel Konjunktiv. So durfte eben nicht Peschel jubeln, sondern Yeboah. Und danach musste ein kleinlauter Zumdick anerkennen: „Für uns gab es hier nichts zu holen“. Die Bochumer Fans riefen: „Wir haben die Schnauze voll“ und erkundigten sich nach Schlusspfiff in Kolonnenstärke nach dem Weg zur Reeperbahn, um dem Wochenende noch etwas vermeintlich Sinnliches abzugewinnen: „Wenn man schon mal Urlaub von der Frau hat.“

Pagelsdorf hatte sein Glückssacko an, und das wird es wohl gewesen sein, was die Hamburger zu Siegern machte. Es könnte natürlich auch an der läuferischen Überlegenheit gelegen haben oder da-ran, dass die Hamburger von der 1. bis zum Spielende in der 38. Minute viel Druck gemacht haben. Das Wort Abstieg kletterte denn auch anschließend in den Mannschaftsbus der Bochumer, weil es sich in Hamburg unter Presseleuten, Offiziellen und ZuschauerInnen überflüssig vorkam. So wie der HSV die erste Halbzeit anging, spielt kein Team, das im kommenden Jahr gegen LR Ahlen auflaufen wird.

Von daher nahmen auch alle im Stadion zuversichtlich an, dass die erste Halbzeit für die Hamburger Form wegweisend ist und nicht die zweite. Mit der war Pagelsdorf „auch überhaupt nicht zufrieden“. Falls die Hamburger am kommenden Samstag bei Borussia Dortmund so weitermachen, wie sie von 16.08 Uhr bis 17.15 Uhr gegen Bochum angefangen haben, dann wird das nächste Spiel tatsächlich das schwerste. Und das ist bekanntlich ja einer der großen Wahrheiten des Fußballs. Peter Ahrens

Hamburger SV: Butt, Hertzsch, Hollerbach, Ujfalusi, Hoogma (83. Fukal), Groth, Kovac, Mahdavikia (58. Präger), Barbarez (71. Meijer), Yeboah, Heinz.

VfL Bochum: van Duijnhoven, Reiss, Milinovic, Colding, Fahrenhorst (46. Sundermann), Schiendzilorz, Peschel, Drincic (65. Covic), Buckley, Freier.

SR:Strampe. Z:31.000

Tore: 1:0 Yeboah (16.), 2:0 Butt (34., Foulelfmeter), 3:0 Barbarez (38.).