Hurra, wir leben noch!

■ Diskussionsveranstaltung über das Thema Organspenden kam ohne Diskussion aus und verfehlte das Ziel, Menschen behutsam über die heikle Problematik aufzuklären

Kein makabrer Witz: In der Abflughalle des Flughafens fand am Freitag eine Diskussionsveranstaltung zu Organspenden und Transplantation statt. Die Veranstaltung bildete den Abschluss des Internationalen Symposiums Intensivmedizin und Intensivpflege in Bremen und sollte aufklären, weil in Deutschland gemessen am „Bedarf“ zu wenig gespendet wird.

Fünf Experten und ein braungebrannter blonder Sechzigjähriger mit neuem Herzen stellten sich den Fragen der beiden ModeratorInnen. Die Bremer Medizin-Journalistin Ursula-Anne Ochel hatte Zugang zu der Sicht von Nicht-MedizinerInnen. Der Hamburger Anästhesie-Chefarzt Karl-Wilhelm Fritz nutzte die Veranstaltung zur Selbstdarstellung. Unverlangte Auskünfte wie „Das kitzligste für mich war ja immer die Doppellunge“ zeigten, dass ihm jegliches Einfühlungsvermögen abging. Und wen interessiert in diesem Rahmen, ob er Mitgied des Lion-Clubs ist?

Dabei bewiesen die Fragen, die sie auf Ärzte und Publikum abfeuerten, dass sie sich der zahlreichen Ängste, die mit dem heiklen Thema verbunden sind, durchaus bewusst sind. Nur ließen sie dem Publikum kaum Zeit, eigene Fragen zu formulieren und bei Unsicherheiten nachzuhaken. Zack, die nächste Frage. „Professor Gubernatis, wie ist denn das mit den rechtlichen Voraussetzungen?“ Gundolf Gubernatis ist als Koordinator der Deutschen Stiftung für Organtransplantation zuständig für Norddeutschland und war ein Lichtblick in der Runde. Anders als seine Kollegen kam er von selbst immer wieder auf die Kritik an der Organspenden-Praxis zu sprechen, vor allem auf die Frage nach Gerechtigkeit. Sein Kollege Kurt Dreikorn vom St.-Jürgen-Krankenhaus transplantiert Nieren, aber wegen HIV nicht von „Risikogruppen wie Drogenabhängigen und Homosexuellen“. Woher man das denn wüsste? Na, das merke man doch, oder man frage die Angehörigen.

Noch peinlicher waren die Dankbarkeitsbezeugungen von ehemaligen PatientInnen, fand hinterher auch Moderatorin Ochel. Auf das Kommando von Moderator Fritz – „Haben wir denn auch Angehörige von Transplantierten hier?“ – meldeten sie sich zuhauf und dankten den Göttern in Weiß. Alle fühlen sich natürlich ganz toll und führen ein ganz neues Leben. Keinen Platz hatte die Verzweiflung eines Ehepaares, wo der Mann noch nicht einmal auf die Warteliste aufgenommen ist. Dieser musste sich vom Herzspezialisten Rainer Körfer vor allen Leuten sagen lassen, er sitze ja noch hier rum, so schlecht könne es ihm also gar nicht gehen. ei