Viel los in letzter Zeit

■ Verfahren um Prügelei an der Universität / Tatwaffe Limoflasche?

„Das ist doch alles ausgedacht! Sag' ich jetzt mal so, is' meine Meinung.“ Der Angeklagte hat sichtlich Mühe, seine Frustration im Zaum zu halten. Der frühere Gebäudereiniger wird beschuldigt, am 25. Februar 2000 einen ehemaligen Nachbarn gemeinsam mit zwei Mittätern auf dem Uni-Gelände mit Fäusten und einer Limonadenflasche traktiert zu haben. Ergebnis: Eine Platzwunde über dem linken Auge. Anschließend hatte das Opfer Anzeige erstattet.

Alles Quatsch, behauptet der Angeklagte. Das Opfer habe ihn an der Tür zur Uni-Cafeteria angesprochen, „Komm mal gleich mit raus, na und dann ging's auch schon los“. Er sei zuerst ins Gesicht geschlagen worden und habe reagiert – ebenfalls mit einem Schlag ins Gesicht. Ein Kollege des Angeklagten sei dazu gekommen, „der hat ihn zurückgeschubst und dann ist er (das Opfer) auch schon abgehauen.“ Der Beschuldigte hat jedoch versäumt, diesen Kollegen als Zeugen anzubringen: „Tut mir leid, ich hab's verschlampt“ und bittet gleich zu Beginn der Anhörung um einen weiteren Termin, um den Gewährsmann aufzutreiben: „Der ist umgezogen und wohnt jetzt bei seiner Freundin. Deren Nachnamen weiß ich aber nicht.“ Auf den Einwand des Richters: „Sie sind dreimal von der Polizei angeschrieben worden, die Polizeibeamtin war sogar persönlich bei Ihnen. Das ist doch kein Verschlampen mehr!“ reagiert der Angeklagte: „Ich hab' mich doch schon entschuldigt, war eben viel los in letzter Zeit.“

Das Opfer, das im Februar 2000 ein Praktikum in der Universitätsverwaltung machte, kennt den Angeklagten, weil sie 1994 Nachbarn waren. Damals setzte es sich mit einer Unterschriften-Aktion gegen den Beschuldigten zur Wehr: „Er hat nachts so laut Musik gehört, dass man keine Ruhe fand. Im Flur stank es immer nach Haschisch und er hat versucht, die Gemeinschaft einzuschüchtern.“

Mit den Worten „Ich kann mich ganz genau erinnern“ erzählt das Opfer, was aus seiner Sicht passiert ist. Er habe den Angeklagten zuerst gar nicht erkannt ,als dieser ihn nach draußen gebeten habe. Dort habe dieser ihm mit der Flasche ins Gesicht geschlagen, während ihn zwei Männer festgehalten hätten. Er habe sich gewehrt und sei gestürzt. Dann habe er flüchten können. Auf den Einwand des Richters, dass seine Darstellung von der der Polizei abweiche, erklärt das Opfer: „Ich stand unter Schock. Ich hatte eine Flasche über den Kopf bekommen und war total benommen.“ Daran kann sich der Polizist, der als Zeuge befragt wird, nicht erinnern: „Ich hatte den Eindruck, dass er starke Schmerzen hätte, aber er hat sehr flüssig ausgesagt und machte keinen verwirrten Eindruck.“

Mehr als eine Erörterung der Sichtweisen erreichte das Gericht nicht: Um dem Angeklagten Zeit zu geben, seinen Zeugen zu finden, vertagte es den Prozess.Juka