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Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) möchte ein Rabattsystem im Nahverkehr einführen. Das Prinzip: Je mehr Menschen mit Busse und Bahnen fahren, desto billiger könnte es werden

von SANDRA GUNDELACH

Schon im nächsten Jahr könnten Fahrscheine für Bus und Bahnen billiger werden. Power-Pricing heißt das Tarifsystem, das Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) einführen will. Das Prinzip: Die Nachfrage soll den Preis regulieren. Soll heißen: Je mehr Fahrscheine verkauft werden, desto geringer der Preis. „Die Idee ist es, den Mengenrabatt an den Kunden weiterzureichen“, sagte gestern Strieders Sprecherin, Petra Reetz. Internetfirmen wie etwa Letsbuyit.com haben dieses Prinzip massenhaft publik gemacht. Letsbuyit.com ist damit allerdings zunächst geschäftlich gescheitert.

Power-Pricing betrifft in erster Linie den Preis der Umweltkarte im Jahresabo: Der Kunde gibt per Formular, Handy oder Internet bis zu einem bestimmten Tag an, wie viel Geld er für die Umweltkarte ausgeben möchte. Anhand der Anzahl der Interessenten errechnet die BVG den neuen Tarif. Nur wenn dieser das Gebot des einzelnen Kunden nicht übersteige, sei der Kaufvertrag für den Einzelnen verbindlich.

Die Idee muss allerdings noch im Detail ausgestaltet werden. Reetz: „Was bisher umstritten war, ist nach dem neuen Rabattgesetz nun möglich.“ Weder Kunden noch Verkehrsunternehmen gingen dabei ein wirtschaftliches Risiko ein. Ob und wann dieses System eingeführt werde, hänge von dem Interesse der BVG ab, mehr Kunden zu gewinnen. Entscheidend seien die Reaktionen der Berliner und Berlinerinnen. Reetz: „Wir können das nur empfehlen.“

Wolfgang Schwenk, Marketingleiter der BVG, hält das Rabattsystem für ein spannendes und innovatives Modell, das man ausprobieren sollte. Zunächst sei sei es aber erforderlich, tarifrechtliche Bestimmungen zu klären und technische Vorarbeit zu leisten. „Man darf sich nicht zu viel davon versprechen. Mit jährlich 284 Fahrten pro Einwohner im Schnitt erreichen wir die bundesrepublikanische Spitze.“ Bei diesem Potenzial und einer stagnierenden Einwohnerzahl werde es aber schwierig sein, noch mehr Kunden zu gewinnen.

Als „eine schicke Sache“ bezeichnete Jens Wieseke den Vorschlag. Für das Vorstandsmitglied des Fahrgastverbandes Igeb steht dieses Thema allerdings noch nicht zur Diskussion. Erst einmal stünden Preiserhöhungen an, davon solle Verkehrssenator Strieder nicht ablenken.

Für den Grünen-Verkehrsexperten Michael Cramer ist Power-Pricing ein „theoretisches Modell, das in der Praxis nicht funktioniert“. Zuerst müssten Kunden durch gesenkte Preise angelockt werden. In Freiburg und im Rhein-Ruhr-Gebiet hätten Tarifsenkungen mehr Fahrgäste in Bus und Bahn gelockt. Dem Beispiel solle Berlin folgen.