Gut essen darf kein Privileg sein

betr.: „Biobauern werden glücklich“, taz vom 8. 2. 01, „Wurstpfennig ist erst einmal vom Tisch“, taz vom 6. 2. 01 u. a.

Die Mär vom „billigen Fleisch“ an der Supermarkt-Theke. Tatsächlich ist dieses Fleisch keineswegs billiger als jenes vom „Biobauern“. Vielmehr zahlt der steuerzahlende Konsument in Wirklichkeit 80 Prozent mehr als auf dem Preisschild angegeben: eine europäische Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern gibt etwa 4.200 Mark jährlich für Lebensmittel aus, aber auch 3.600 Mark für Agrarsubventionen, welche vor allem den oben genannten Tierfabriken zugute kommen. Hinzurechnen muss man nun noch die beträchtlichen Folgekosten der intensiven Landwirtschaft: zum Beispiel für Umweltschäden (Trinkwasser!) oder steigende Krankheitskosten infolge stark zunehmender Resistenzen von Krankheitserregern gegen überlebenswichtige Medikamente, die durch den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast verursacht wurden. Und dann natürlich noch Creutzfeldt-Jakob ... HANS-JÜRGEN LUTZ, TUN – Tier- und Naturschutz e. V.

Die deutsche Landwirtschaft ist schon immer, jedenfalls seit den 50er Jahren, eine bevorzugte Klientel der Konservativen gewesen. [...] Die Gier nach immer mehr Geld hat die Landwirte (Ausnahmen bestätigen die Regel) zu völlig unnatürlichen Massentierhaltungen geführt. Bestärkt wurden sie durch die Agrarfabriken einiger Funktionäre und Großinvestoren, die auch gleichzeitig die Initiatoren und Anführer der bäuerlichen Lobby waren. Ebenso war die Peripherie rund ums Fleisch beteiligt; zum Teil mit mafiaähnlichen Strukturen, wie sich heute immer deutlicher herausstellt. [...] Die Demonstrationen der Landwirte und auch die geführten Interviews und Talkshows beweisen, dass die Landwirte immer noch lediglich an ihren Verdienst und sehr wenig an das Risiko des Verbrauchers denken. [...] H. TORNOW, Hannover

Während die Bundesregierung Bio-Essen den Arbeitnehmerfamilien schmackhaft machen will, hört man von Leuten, die von der Oberschicht noch ein wenig weiter entfernt sind, leider bisher nichts: Gut essen – im Sinne von ausgewogener Ernährung mit nahrhaften und ungiftigen Produkten – sollte nämlich eigentlich jedem möglich sein. Doch dazu müssten auch Sozialhilfe-, Bafög-, Asylbewerberleistungs- und ähnliche Sätze angepasst werden, geht die Regierung bei der Berechnung doch immer noch davon aus, dass die Empfänger solcher Leistungen doch gefälligst jedes erreichbare Sonderangebot ausnutzen sollen, oder sieht gar Sachleistungen vor, die in der Praxis oft minderwertig sind. Am Umgang mit solchen Leistungen wird sich zeigen, ob die Bundesregierung die Verbindung von ökologischen und sozialen Anliegen ernst nimmt. MARK OBREMBALSKI, Oldenburg

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