Castor wird blockiert

Umweltschützer schlagen Gesprächsangebot von Jürgen Trittin aus. Fritz Kuhn sieht keine Mehrheit für eine Neuverhandlung des Atomkonsenses

BERLIN taz ■ Beim Thema Castor halten sechs Bürgerinitiativen und Umweltschutzverbände Jürgen Trittin (Grüne) für nicht diskussionsfähig. Sie haben die Einladung des Umweltministers zu einem Gespräch ausgeschlagen. „Trittin hat mehrmals betont, dass er die Transporte in das Zwischenlager Gorleben für zwingend nötig hält. Ein Gespräch wäre nicht ergebnisoffen und ist daher überflüssig“, sagte gestern die atompolitische Sprecherin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Renate Backhaus, in Berlin.

Die Meinung der Aktivisten ist nicht weniger unverrückbar. Man werde definitiv protestieren, wenn der Castor Ende März nach Gorleben rolle. Der Sprecher der Initiative X-tausendmal quer, Jochen Stay, kündigte gewaltfreie Sitzblockaden auf den Gleisen an. „Wir rechnen mit der gleichen Zahl an Teilnehmern wie bei den letzten Transporten.“ Unterstützung erhalten sie von der PDS-Bundestagsfraktion, die gestern ebenfalls zu Widerstand aufgerufen hat.

Trittin hatte mehrmals betont, für die Bundesrepublik gebe es eine Verpflichtung, ihren Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague zurückzunehmen. „Das bezweifeln wir nicht“, sagte Backhaus. „Aber mit jedem Behälter, den wir zurücknehmen, rollt ein neuer nach Frankreich.“ Mit den Protesten wolle man erreichen, dass die Wiederaufbereitung von Atommüll gestoppt wird. Auch gegen Transporte nach Frankreich werde man vorgehen.

Nach Angaben der energiepolitischen Referentin des Umweltschutzverbandes Robin Wood, Bettina Darnheim, werden im Atomkraftwerk Philippsburg bereits neue Transporte nach La Hague vorbereitet. Da die Kraftwerksbetreiber seit fast zwei Jahren keine Transporte machen durften, gehe es für sie um die Wurst. „Wenn Sie ihren Müll nicht bald loswerden, müssen sie ihre Kraftwerke abschalten.“

Genau das wollen die Initiativen erreichen. „Der Atomkonsens ist kein gesellschaftlicher Konsens, sondern eine Abmachung zwischen Bundesregierung und Industrie“, sagte Stay. Statt in etwa dreißig Jahren müssten die Kraftwerke sofort stillgelegt werden. Der Grüne Parteichef Fritz Kuhn hält diese Forderung für nicht durchsetzbar. „Es gibt keine Alternative zum beschlossenen Konsens“, erklärte er gestern in Berlin. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag, Rebecca Harms, sieht das anders. Sie hat entgegen dem Rat der Parteispitze zu Protesten aufgerufen und fordert eine Neuverhandlung des Atomkonsens. Kuhn sieht dafür keine Mehrheit im Parteirat. In den nächsten zwei Wochen werde man eine Resolution verfassen, die der Bundesdelegiertenkonferenz am 10. März zur Verabschiedung vorgelegt werden soll.

Die Union will unterdessen den Widerspruch zwischen Parteiführung und grüner Basis politisch ausnutzen. Für den 14. Februar hat sie eine aktuelle Stunde beantragt zum Thema „Haltung der Bundesregierung zu den von den grünen Aktivisten angekündigten Protesten bei Wiederaufnahme der Castor-Transporte“. RALF GEISSLER