Ziemlich verschärft pfiffig

■ Die schwedische Krimi-Autorin Liza Marklund präsentiert Jung-Rechercheurin

Die schwedische Kriminalliteratur boomt, wie sich inzwischen herumgesprochen haben dürfte. Höchste Zeit, dass auch Liza Marklund ihre Journalistin Annita Bengtzon wieder ins Rennen schickt. Stürmte ihr zweiter Roman in ihrer Heimat bereits vor fast zwei Jahren die Bestsellerlisten, erscheint Studio 6 dieser Tage nun auf deutsch.

Wer Marklunds Erstling Olympisches Feuer kennt, sei darauf vorbereitet, dass der Nachfolger in Wirklichkeit ein Vorgänger ist, sich also acht Jahre vorher abspielt. Kein Wunder, dass Annika Bengtzon hier noch kein lindsches Superweib ist. Noch ist sie nicht Kriminalredakteurin, noch hat sie keinen liebevollen, gutaussehenden Mann an ihrer Seite und zwei wohlgeratene Kinder am Rockzipfel.

Ganz bestimmt aber ist sie eins, nämlich „wie ein Pickel am Hintern“. Das attestiert ihr jedenfalls ihr Informant bei der Polizei. Tatsächlich verfügt Bengtzon über die Qualtitäten eines Spürhundes: Fährten finden und nicht locker lassen. Diese Frau hat Biss und ist zudem ziemlich pfiffig. Trotz ihres Wühlzwangs ist Bengtzon aber noch ein gutes Stück Menschlichkeit erhalten geblieben. Ihr persönliches Engagement und ihr unerschütterlicher Sinn für Gerechtigkeit verschlagen sie in Studio 6 ins Rotlichtmilieu – weshalb auch die Autorin heute im Imperial Theater auf der Reeperbahn liest. Marklund selbst blickt auf jahrzehntelange Erfahrung als Journalistin zurück, kennt also das Zusammenspiel von Branche und Beteiligten. So scheut ihre Boulevardjournalistin für eine handfeste Recherche vor nichts zurück: Den Inkognitojob als Croupier im Pailletten-G-String erledigt sie genauso zielstrebig, wie sie sich dreist in Politikerwohnungen einschleicht.

Den Lesern soll es recht sein, bietet der Roman doch durch den Zusatz „Heldin in Gefahr“ Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Bengtzon ist immer busy und gibt dem Roman so ein enormes Tempo. Wie Henning Mankells Kommissar Wallander ernährt auch sie sich hauptsächlich von Fast Food, kommt aber nicht so adipös daher wie der Polizist aus Ystad. Die Story über den Mord an einer Stripperin, der seinen Schatten bis in die Regierungsetage wirft, entpuppt sich als wahrer Fettverbrenner. Zu Hause auf dem Sofa stellt man sich am besten auf eine lange Nacht mit Schokolade und Chips ein. Liv Heidbüchel

„Studio 6“, Hamburg 2001, 416 Seiten, 44,90 Mark

Lesung heute, 20 Uhr, Imperial Theater