Absturzgefahr durch Haschisch

Der Konsum illegaler Drogen am Arbeitsplatz kann zur Unfallgefahr werden  ■ Von Elke Spanner

Der Kollege war plötzlich „irgendwie anders“. Er war „immer müde“ oder hatte oft „einen glasigen Blick“. Die Idee, dass der Mitarbeiter ein Suchtproblem haben könnte, hatten die KollegInnen jedoch nicht, die im BASF-Werk in Ludwigshafen 1994 zu drogenbedingten Auffälligkeiten im Betrieb befragt wurden. Denn zum Stichwort Drogen fiel vielen die Gleichung Drogen = kriminell = Hauptbahnhof ein. Und dass „ganz normale Arbeitnehmer“ gelegentlich oder gewohnheitsmäßig Cannabis, Kokain oder Ecstasy konsumieren, so Angelika Nette vom Hamburger Büro für Suchtprävention, wird häufig nicht vermutet. Um das Thema zu enttabuisieren, hat das Präventionsbüro zusammen mit der Landesunfallkasse nun eine Broschüre über „Illegale Drogen in der Arbeitswelt“ herausgebracht.

22 Prozent aller 15- bis 59-Jährigen haben Erfahrungen mit illegalen Wirkstoffen. Unter den 18- bis 29-jährigen gelten 28 Prozent aktuell als KonsumentInnen – weswegen Drogen auch in der Arbeitswelt ein Alltagsproblem sind, sagt die Leiterin des Suchtpräventionsbüros, Monika Püschl. Doch „längst nicht alle KonsumentInnen sind abhängig oder konsumieren in einem Ausmaß, das ihre Gesundheit und die Arbeitssicherheit im Unternehmen gefährdet“. Hat ein Arbeitgeber Hinweise darauf, dass ein Angestellter Rauschmittel nimmt, müsse er aufgrund seiner Fürsorgepflicht zwar intervenieren. Zunächst sei jedoch ratsam, persönliche Gepräche zu führen und fortlaufend immer mehr Personen wie Betriebsräte oder SozialberaterInnen einzubeziehen – und nicht gleich die Kündigung zu schreiben.

Da gerade für Jugendliche das Ausprobieren von Drogen selbstverständlich ist, führen viele Unternehmen bei der Einstellung von Auszubildenden sogenannte Drogenscreenings durch: Hierbei wird der Urin auf Cannabis, Ecstasy, Heroin und Kokain getestet. Ist das Ergebnis positiv, wird die Bewerbung abgelehnt. Diese Tests seien aber kritisch zu sehen, sagt Angelika Nette vom Büro für Suchtprävention. Denn das Ergebnis sagt nichts über das Konsumverhalten aus: Cannabis beispielsweise ist bis zu vier Wochen im Urin nachweisbar. Rechtlich sind Jobsuchende nicht verpflichtet, dem Test zuzustimmen. Die Weigerung allerdings kostet in der Regel den begehrten Ausbildungsplatz.

Zum wirklichen Problem kann Sucht werden, wenn ArbeitnehmerInnen unfallgefährdete Jobs ausüben: Das Fahren von Kfz, Arbeiten mit Absturzgefahr oder an laufenden Maschinen beispielsweise. Schon gesetzlich sind sie in diesen Berufen zu regelmäßigen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen verpflichtet. Dabei müssen BetriebsärztInnen auch möglichen Drogenkonsum berücksichtigen. Stufen sie einen Angestellten deshalb für nicht einsatzfähig ein, dürfen die MedizinerInnen dem Arbeitgeber nur die sicherheitsrelevanten Bedenken mitteilen – und aufgrund der Schweigepflicht nicht das Suchtproblem offenbaren.

Broschüre beim Büro für Suchtprävention oder der Landesunfallkasse, Spohrstr. 2, 22083 Hamburg