Die Dreieckisierung des Kreises

■ Rund 30 Jahre nach dem gewonnenen Kampf gegen die Mozarttrasse soll das Relikt Rembertiring wieder weg. Das erbost die AnwohnerInnen, die sich längst daran gewöhnt haben

Beim Rembertiring hört der Spaß auf. Für Flaneure und Flaneusen aus Wallanlagen und Viertel, wenn sie an den grünen Verkehrs-Flatschen stoßen. Für AnwohnerInnen ist Schluss mit lustig, wenn das Relikt aus Mozarttrassen-Tagen bebaut werden soll.

Montagabend stellte Enno Keune vom Planungsamt auf einer AnwohnerInnen-Versammlung die Pläne der Stadt vor: Die „große“ Eduard-Grunow-Straße wird vierspurig mit einem Baum-Streifen in der Mitte und auf die parallel verlaufende Ernst-Glässel-Straße kommen viergeschossige Häuser. Auf der Viertel-Seite wird der Kreis zum Dreieck: Eine sechsgeschossige Reihe an die Straße und dahinter zwei kleinere Einheiten à drei bis vier Etagen plus Innenhof. Abgerissen wird nichts, die Umfahrung Schleifmühlenweg bleibt und statt der Kreisel-Führung gibt es eine „Spitzkehre“ kurz vor dem Dobben und in Höhe Rembertistraße.

Über dem brechend vollen Saal im Hotel Ibis schwebte ein großes Fragezeichen. „Warum?“ Natürlich wolle die Stadt das Gelände in bare Münze umwandeln, erklärte der Leiter des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt, Robert Bücking. Außerdem sollen mit dem Erlös 70 Prozent des Straßenumbaus finanziert werden. Bücking versprach den aufgebrachten AnwohnerInnen ein zweites Treffen mit den Verantwortlichen im Bauressort. Die konkreten Ängste: Mehr Verkehr durch den parallelen Ausbau der Schwachhauser Heerstraße und Vergrößerung des Concordia-Tunnels. Und: Fortsetzung des schmuddeligen Hochstraßen-Murks mit menschenfeindlicher Brutalarchitektur und gähnender Leere nach Feierabend. „Wer will denn schon an so einer Straße mit 40.000 Autos am Tag wohnen?“, wurde mehrfach gefragt.

Planungsmensch Keune ist realis-tisch: „Wohneinheiten kann es nur zur straßenabgewandten Seite und in den oberen Geschossen geben.“ Und der Bedarf? Zieht da jemand ein oder gibt es ein neues TeerhofDesaster? „Die Nachfrage nach innerstädtischem Wohnen ist groß“, sagt GEWOBA-Vorstandsmitglied Klaus Stadler. Ohne bisher als potenzieller Investor in Erscheinung getreten zu sein, wolle sich die GEWOBA dem Projekt aber nicht verschließen. Wie Keune und Bücking plädiert Stadler für umfangreiche Auflagen an den Inves-tor. Damit könnte Qualität gesichert werden, um die von den AnwohnerInnen befürchtete „Verslummung“ zu verhindern. Freiflächen wären wichtig und eine anspruchsvolle Architektur mit einer Anlehnung an die Typologie des Bremer Hauses.

Bremer Häuser finden die AnwohnerInnen auch ganz hübsch. Aber wenn überhaupt etwas passieren muss, dann wollen sie lieber eine kleinteilige Bebauung mit viel Grün, die Fedelhören wieder mit dem Viertel verbindet. Die rauhe Wirklichkeit, an deren Grenze die bürgerlichen Träume Halt machen müssen, ist der Stadtverkehr in Ost-West-Richtung, der sich auf dieser Straße bündelt.

Bücking sieht keinen Anlass zur Hoffung, dass sich das Verkehrs-Problem durch Bürgerinitiaven in saubere Luft auflösen lässt. „Die Alternative wäre, den Verkehr durch die Seitenstraßen zu führen.“ Oder ab Concordia unterirdisch bis zur Hochstraße? Tunnel: „Teuer.“

Niemand gibt sich der Illusion hin, dass in dieser ungünstigen Lage ein großartiger urbaner Raum entstehen wird. Bremen sei halt nicht Düsseldorf oder Frankfurt. In diesen Städten sei so eine „Schweinestraße“ (Bücking) nicht das Kriterium. Bremen hingegen habe im positiven Sinne eine dörfliche Struktur, findet Stadler.

Und schreit das Dorf nach massig Büroräumen für großstädtische Dienstleistung in Innenstadtlage? In diesem Punkt ist Stadler skeptisch: Statt pauschal zu behaupten „Klar gibt es da eine Nachfrage“, wäre die Stadt gefordert, systematisch den tatsächlichen Bedarf herauszufinden. Eiken Bruhn