Ordnung für die Wessis

Rolf Schafstall beendet seinen Ruhestand, um den VfL Bochum vor dem Abstieg zu retten

von FRANK KETTERER

Fast muss man ein wenig Mitleid haben mit Rolf Schafstall. Der Mann hatte es doch so gut in seinem seit 1994 währenden Ruhestand: schnitt, so hat er jetzt erzählt, Rosen im Garten und fütterte ebendort die Meisen. Und wochenends pilgerte er treu und brav zum VfL Bochum, den er ja selbst drei Mal trainiert hatte, 1981, 1986 sowie einige Monate im Jahr 1991. Kaum ein Heimspiel der einstmals „Unabsteigbaren“, in den letzten acht Jahren freilich drei Mal abgestiegen, soll Schafstall dem Vernehmen nach in den letzten Jahren verpasst haben.

Genau das wurde ihm jetzt zum Verhängnis! Weil Bochum gerade mal wieder Letzter und somit quasi per Tabellenstand verpflichtet war, Trainer Ralf Zumdick zu feuern, wurde Schafstall gestern und somit neun Tage vor seinem 64. Geburtstag jäh und mit rücksichtslosester Brutalität aus der Pension gerissen. „Er muss sich nicht erst lange einarbeiten, sondern kennt die Mannschaft“, begründete VfL-Präsident Werner Altegoer diesen drastischen Schritt. Schafstall selbst will das ihm zugetragene Amt nicht etwa angenommen haben, um persönliche Eitelkeiten zu befriedigen (wie im Vorjahr Udo Lattek bei Borussia Dortmund), „sondern weil mich mein alter Freund Altegoer darum gebeten hat und ich dem Verein helfen will“. Ja, solche Freundschaft gibt es im Fußball noch!

Wie es prinzipiell aussieht, wenn Rolf Schafstall hilfreich zur Tat schreitet, davon war vor knapp zwei Jahren schon einmal zu berichten: Auch damals beendete der gelernte Elektriker seinen Ruhestand – für genau 57 Tage. Dann war sein Engagement bei Regionalligist Dynamo Dresden wegen vereinsschädigenden Verhaltens auch schon wieder beendet. Und zwar fristlos, weil Schafstall bald schon erkannt hatte, dass er es in Dresden mit „lauter Ossis“ zu tun hatte, die „nicht zur Arbeit, nicht zur Ordnung, zu nichts erzogen wurden“. So jedenfalls hat er es damals dem Spiegel erzählt.

Nun will Schafstall also im westlichen Bochum für Zucht und Ordnung sorgen, was er selbst als „schöne, schwierige Aufgabe“ sieht, bei der er freilich „nicht die Peitsche herausholen“ möchte, sondern viele Gespräche führen. „Es geht auch darum, wieder Spaß und Freude zu vermitteln“, hat Schafstall deshalb beim gestrigen Amtsantritt gesagt. Und überhaupt: „Wir alle haben nur ein gemeinsames Ziel und das heißt: diesen Verein in der Bundesliga zu halten.“ Ganz egal, ob zu Hause die Rosen verwildern und die Meislein im Garten elendiglich zu Grunde gehen.