Tod und Vernichtung

Geschlachtet wird nicht mehr als üblich – aber mehr als nötig

BERLIN taz ■ In den europäischen Ställen stehen etwa 80 Millionen Rinder. Diese Zahl müsse in den nächsten 18 Monaten um acht Millionen gesenkt werden, um den Preis für Rindfleisch einigermaßen stabil zu halten, hat die EU-Kommissarin für Haushalt, Michaele Schreyer vorgerechnet. Denn wegen der BSE-Krise ist der Verbrauch eingebrochen und der Preis für Rindfleisch hat sich in Deutschland fast halbiert. (In normalen Zeiten bekommt ein Bauer für eine alte Milchkuh etwa 1.500 Mark.) Das ist zwar billig für den Verbraucher, aber teuer für den Steuerzahler, denn die Staaten „stützen den Markt“: Sie kaufen Rinder auf, schlachten und vernichten sie, um den Preis zu halten.

Es werden also wegen BSE kaum mehr Rinder geschlachtet als üblich – aber weit mehr als für den derzeitigen Geschmack nötig, um die Nachfrage zu befriedigen.

Allein in Deutschland gibt es rund zwölf Millionen Kühe und Bullen. Jedes Jahr werden etwa zwei Millionen von ihnen im Schlachthof durch einen Bolzenschuss in die Stirn getötet und verarbeitet. Letztlich landen alle diese Tiere als Wurst oder als Lederschuh im Laden. Die 400.000 Rinder, die bis zum Sommer in Deutschland mit öffentlichem Geld vernichtet werden sollen, würden also sowieso getötet.

„Massenschlachtungen“ sind bei diesen Größenverhältnissen also an der Tagesordnung. Das Programm der EU „Aufkaufen für die Vernichtung“, mit dem bis Mitte 2001 europaweit zwei Millionen Rinder vernichtet werden sollen, unterscheidet sich von den üblichen Schlachtungen nur darin, dass das Fleisch der Rinder vernichtet und nicht gegessen wird. Umstritten ist, ob der Tod der „Nutztiere“ einen Sinn für die Menschen haben muss. Denn nur die wenigsten Tiere sind wahrscheinlich BSE-krank, sondern könnten nach einem negativen Test gegessen werden. Doch Tests und Lagerung sind der EU zu teuer: Schlachten und Verbrennen ist die billigste Variante. BPO