Mobiler Heiligenschein gegen Hühnerfuß

■ Rausgeworfene Engel und Teufel: Das Kinderstück „Luzie“ im Schmidts Tivoli

„Nicht nur zur Weihnachtszeit“, befindet Norbert Aust, „ist gutes Kindertheater wichtig.“ Der neben Corny Littmann geschäftsführende Gesellschafter der schmidtschen Spielstätten an der Reeperbahn, selbst Vater von sechs Kindern, hatte sich in der Adventszeit mal wieder von einem der üblichen Abzockspektakel unter dem Titel „Weihnachtsmärchen“ schockieren lassen und beschloss zu handeln. „Wir haben es geschafft, auf dem Kiez erfolgreich einen Ort der Kultur zu etablieren, nun wollen wir auch was für die ganze Familie bieten.“

Das Musiktheater-Stück Hallo Luzie für „alt und junge, gute und böse Leute ab 6“ soll heute den Auftakt in Schmidts Tivoli liefern. Weiteres für Kinder ist nicht ausgeschlossen. Die Produktion kommt vom Theater Zeppelin, Buch und Idee von Stephanie Grau. Aust wählte sie als Kooperationspartnerin, da er sie als „Garanten für Qualität im Hamburger Kindertheater“ einschätzt. Und sie sieht es als Herausforderung, an einem Ort zu spielen, der erst fürs Kindertheater erschlossen werden muss. Die Produktionskosten immerhin sind wesentlich durch die Kulturbehörde aus den Fördermitteln für freie Kindertheater abgefedert. Sponsoren konnten gewonnen werden.

Mit Hallo Luzie bringt die Leiterin des Theaters Zeppelin seit Jahren erstmals wieder ein vergleichsweise kleines Stück auf die Bühne – zudem ganz ohne Kinder. Zuletzt inszenierte sie ein Spektakel nach den Tim-und-Struppi-Comics mit 55 Kindern. (Wer jetzt „Zeppelinkinder“ auf der Bühne sehen will, der kann am 24. und 25. Februar im Zeppelin Theater am Kaiser-Friedrich-Ufer 27 jeweils um 18 Uhr „Kirina in der Mühle der Macht“ nach Märchenmotiven von „Krabat“ anschauen.)

Drei Musiker stecken in den Kostümen von Teufelin Luzie, Engel Engelbert und Herrn Fritz alias Polizist alias Fahrradkurier. Roberta Possamai, Matthias Köninger und Thomas Niese zeigen, wie es Engel und Teufel auf der Erde ergehen kann, wenn sie zu Hause rausfliegen. Die beiden Verstoßenen müssen sich nämlich durch ihre Taten den Einlass erst wieder verdienen, finden aber ausgerechnet aneinander Gefallen – was ihre Pläne unerwartet durchkreuzt. Da zeigt sich, dass ausschließlich schlecht oder gut zu sein ganz schnell langweilig werden kann.

Im Trubel des Geschehens lohnt genaues Hinschauen und Zuhören. Da gibt es eingängige und originelle Lieder zu Gitarre, Bass, Ölfass und Akkordeon. Verschmitzte Details wie Himmelsbrötchen, gegrillte Hühnerfüße oder einen mobilen Heiligenschein. Angesichts falscher Werte Merksätze wie „Alle werden dein tolles Fahrrad lieben, aber nicht dich!“ Oder schöne Bilder, wenn Engelberts mächtige Federflügel vor dem wogenden Himmelstuch wippen. Und die mächtig glutrote Hölle klauenbewehrte Teufel im Schattenriss zum Vorschein bringt. Oliver Törner

15.-18.2., 22.-25.2., 16 Uhr, 16.+22.2., 11 Uhr, Schmidts Tivoli