: Der Aufstand der Ticketlosen
Arbeitslose, Rentner und Gewerkschafter protestieren gegen die Tarifpläne des VBB. Ihre Forderung nach einem verbesserten Arbeitslosenticket unterstützt auch die CDU-Abgeordnete Almut Mommert. Verkehrsverwaltung will erst im Juli entscheiden
von STEFAN KAISER
Gewerkschaften und Arbeitsloseninitiativen machen gegen die neue Tarifstruktur des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg (VBB) mobil. Rund 150 Menschen demonstrierten gestern vor dem Sitz des VBB am Hardenbergplatz gegen die geplanten Fahrpreiserhöhungen und für die Ausdehnung des Arbeitslosenhilfetickets (Berlin Ticket A) auf alle Arbeitslosen.
„Es muss endlich Schluss sein mit der Abzockerei“, forderte die DGB-Kreisvorsitzende Ursula Schäfer. Seit der letzten Fahrpreiserhöhung im August 2000 habe man keine Verbesserungen des Betriebes bemerkt, die eine Verteuerung rechtfertigen würden. Statt eines einfachen und bezahlbaren Preissystems würde der Tarifdschungel immer dichter und vor allem die Tageskarten immer teurer.
Ein „volksnahes Tarifkonzept“ forderte deshalb auch Klaus Kriegl vom Berliner Arbeitslosenverband. Er rief zu einem Schulterschluss der sozial Benachteiligten auf und bezeichnete die neue Tarifstruktur als „Maßregelungs- und Kundenverprellungskonzept“. Das Arbeitslosenhilfeticket müsse über die bis Juli laufendeTestphase hinaus verlängert werden. Außerdem sollten auch die Bezieher von Arbeitslosengeld miteinbezogen werden. Diese hätten oft weniger Geld zur Verfügung als die Arbeitslosenhilfeempfänger und müssten deshalb wie diese auch das Ticket nutzen können. Statt bisher 45 Mark solle das Ticket für Arbeitslose zudem nur 40 Mark kosten, forderte Kriegl.
Auch Almut Mommert, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU, sprach sich dafür aus, den Nutzerkreis des Arbeitslosentickets zu erweitern. Die CDU habe sich bereits in den vergangenen Wochen dafür eingesetzt, das Ticket auch nach dem 31. Juli beizubehalten. Freke Over (PDS) kritisierte indes die verkehrspolitische Passivität des Senats sowie die starre Verwaltungsstruktur der BVG. „Auf der obersten Verwaltungsebene hat die BVG einen Wasserkopf“, so Over.
Der Seniorenverband Graue Panther und die Studenteninitiative Semtix beteiligten sich ebenfalls an dem Protest. Oliver Stoll, Semtix-Beauftragter der Humboldt-Universität, forderte unter anderem ein bezahlbares Semesterticket für Studierende.
Wie es mit dem Arbeitslosenticket weitergeht, will die Verkehrsverwaltung erst zum Ablauf der Testphase im Juli entscheiden. Eine Sprecherin teilte mit, man sehe einer Verlängerung „ziemlich optimistisch“ entgegen.
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