Keine dummen Bauern

betr.: „Ökofleischer melden Ausverkauf“, taz vom 10. 2. 01

Nicht auf der Straße, nicht mit Steinewerfern, nicht mit Molotow-CocKtails, nicht mit Wasserwerfern und Tränengas, nein ganz friedlich: vor leeren Fleischtheken zeigt sich der Volkszorn! Zorn darüber, dass die an der BSE-Krise und an der Medikamenten-Schweinerei ach so unschuldige Landwirtschaft die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung um des Profites willen billigend in Kauf genommen hat. Auf Unkenntnis sollten sich die Landwirte nicht herausreden. Schließlich haben alle ihren Beruf gelernt, ein großer Teil hat gar das Diplom in der Tasche. Das sind nicht die „dummen Bauern“, die von der bösen Industrie betrogen wurden! Da helfen auch keine Traktoren-Demos (wieso können Landwirte eigentlich nicht zu Fuß demonstrieren?). Da hilft nur geduldiges Wiederaufbauen eines Mindestvertrauens auch in die konventionelle Landwirtschaft, wenn sie denn noch weiter bestehen will. Denn auch sie sollte in der Lage sein, gesundheitlich unbedenkliche Produkte anzubieten. Und die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu gehen, das ist die Aufgabe. Und wenn es auch wehtut: Zurück an die Fleischstände der Supermärkte kann man die Menschen nicht zwingen! MANFRED FRANZ, Schkeuditz

betr.: „Leichen am Weg“ von Onno Poppinga, taz vom 9. 2. 01

Poppinga, Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert, dass mit Künast nur grüner landwirtschaftlicher Unverstand eingezogen wäre. Warum verschweigt er, dass Renate Künast mit Wolfgang Reimer einen prominenten Aktivisten der AbL zum Leiter ihres Grundsatzreferats gemacht hat? [...]

Poppinga kritisiert die Vernichtung der 400.000 Rinder, beklagt sich aber, dass der bäuerliche Hilferuf der ausgesetzten Kälber von der Politik nicht gehört würde. Das ist doch gerade die Krux, dass die Bauern für ihre alten Milchkühe auf einen Schlag keine Abnehmer mehr an den Schlachthöfen finden, die neuen Kälber aber weiterhin geboren werden und die Ställe füllen. Onno Poppinga lehnt die ethisch sicherlich bedenkliche Lösung der Rindertötung ab, ohne eine Alternative aufzeigen zu können. Mit ihrem akuten Problem können die Bauern jedoch nicht warten, bis über den Aufkauf von Milchquoten der Rinderbestand langsam sinkt. Renate Künast hat glaubhaft gemacht, dass sie selbst nur mit Bauchschmerzen die Massentötung mitträgt, aber keine andere Möglichkeit sieht. Ihr zu unterstellen, sie würde damit die alte Politik fortsetzen, ist unfair. Im Unterschied zu der alten EU-Praxis einer finanziellen Förderung von Überschüssen, die dann zu Garantiepreisen vernichtet werden, handelt es sich bei der Tötung von 400.000 Rindern um eine Krisenbewältigung. [...] Renate Künast hat ausdrücklich betont, dass diese Tötungsaktion einmalig bleiben muss. Sie sagt damit nichts anderes, als dass sich die Bauern in Zukunft nicht auf Absatzgarantien für Rindfleisch verlassen können, sondern sich, ganz wie Poppinga es anvisiert, durch niedrigere (und umweltverträglichere) Viehbesatzzahlen und frühzeitigeren Kälberschlachtungen auf einen niedrigeren Absatzmarkt einstellen müssen. [...]

BURKHARD REMPPIS, Heidelberg

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