Alles bleibt unentschieden

Union Berlin spielt im Verfolgerduell der Regionalliga 2:2 gegen Eintracht Braunschweig und weiß nicht, was das bedeuten soll. Denn die Lage des Vereins und der Fans ist durchgängig ambivalent

von HOLGER STRÖBEL

Da ist die Sache mit dem neuen Tribünendach. Nicht wenig stolz ist man bei Union Berlin, dass seit kurzem zumindest die Besucher auf den Haupttribünenplätzen nicht mehr im Regen sitzen müssen. Auch das, klar, ein Schritt Richtung Zweitligatauglichkeit. Doof nur, wenn es gar nicht regnet und die First-Class-Schauenden neidisch bibbernd auf die billigen Plätze gegenüber blicken müssen, wo lustvoll in die Sonne geblinzelt wird.

Da ist die Sache mit dem glorreichen Einzug ins DFB-Pokalfinale. Gut für Reputation, Ehre und Vereinskasse. Misslich, wenn deshalb die Konzentration für den Alltag in der Regionalliga flöten geht. Und da ist die Sache mit den Spielen, die keinen Gewinner finden. So wie am Samstag das gegen Eintracht Braunschweig. Wieder mal.

Es war dies das neunte Remis in der laufenden Saison. Wenigstens in dieser Kategorie ist das ambitionierte Team aus Köpenick Spitzenreiter. Ansonsten ist die Lage bei Union Berlin durchgängig ambivalent. Gewusst hätten sicher auch die gut 11.000 Zuschauer in der Alten Försterei gerne, wo es denn nun langgehen soll mit ihrem Verein.

Auf acht Punkte ist der Rückstand zu Tabellenführer VfB Lübeck nach dem 2:2 gegen Braunschweig angewachsen. Das ist aufzuholen bei noch 14 ausstehenden Partien. Allerdings nicht, wenn man das freundschaftliche Teilen mit den jeweiligen Gegnern zur Regel macht. „Wir müssen halt mal irgendwann eine Serie starten“, meint Präsident Heiner Bertram. Dabei weiß er genauso gut wie Trainer Georgi Wassilev, dass dazu am Samstag gegen den direkten Konkurrenten Braunschweig die beste Gelegenheit bereits verpasst wurde.

Aber was sollen die beiden auch sagen? „Ich bin mit der Moral meiner Mannschaft sehr zufrieden“, sagt Wassilev. Logisch, wenn man einen Rückstand von zwei Toren zwölf Minuten vor Schluss noch egalisiert. Andererseits hatte die 2:0-Führung der Gäste ihre Gründe, die sich mit der Theorie des Union-Trainers nur unzureichend erklären lassen. Der vermutete, dass sich seine Spieler just in jenen 15 Minuten vor der Pause im Glanz des Erfolgs vom Pokalhalbfinale sonnten, als Eintracht-Stürmer Dirk Weetendorf der bis dahin ereignisarmen Spitzenpartie eine neue Wendung gab. Dem Ex-Profi von HSV und Werder Bremen genügten zwei Ballberührungen in der 30. und 32. Minute, um das Missmanagement des wiedergenesenen Union-Liberos Jens Tschiedel offen zu legen. Zumal Mirko Burgdorf die Führung der Braunschweiger in diesen Minuten leicht auf 4:0 hätte ausbauen können.

Es ist kein Zufall, dass sich der Charakter des Spiels erst dann änderte, als Wassilev nach einer Stunde die Position des Liberos auflöste, den weitgehend wirkungslosen Regisseur Hristo Koilov vom Platz nahm und auf der Gegenseite Weetendorfs Kräfte nachließen. Also berannte man das Tor von Uwe Zimmermann und zeigte, was Wassilev später „eine gute Moral“ nannte. Hätten die offensiven Akteure von Union zusätzlich über eine systematische Methode verfügt, um eine massierte, aber keineswegs immer souveräne Deckung wie die der Gäste vor Probleme zu stellen, die Partie hätte früher kippen können. Dies war nicht der Fall. Chancen ergaben sich entweder nach mühsam erkämpften Eckbällen, aufgrund von Zufällen, meistens aber gar nicht.

Die wichtigsten Fragen schienen somit beantwortet. Die Zweite Liga nach der Heimniederlage perdu, eine weiteres Jahr drittklassig, dann aber mit geringerem Etat und ein neuer Trainer, da Wassilew und der Verein die Vertragsverlängerung vom Aufstieg abhängig machen – und 14 Spiele Zeit, sich gemütlich aufs DFB-Pokalfinale gegen Schalke vorzubereiten. Was wirklich geschah: Ein Freistoß von Ronny Nikol zehn Minuten vor Schluss und der Ausgleich durch einen Handelfmeter von Daniel Teixeira kurz vor dem Abpfiff. Und ein Stadion voller Menschen, die nicht wissen, ob sie nun fröhlich oder traurig sein sollen. Alles bleibt unentschieden.