Vierzig Pfund Messing

■ Der polnische Botschafter hat Bremen mit einem Preis für die Städtepartnerschaft mit Gdansk (Danzig) ausgezeichnet / Bürger sollen jetzt verstärkt beteiligt werden

40 Pfund massives Messing, von Künstlerhand zu einer Art Sprungschanze geformt, darunter ein feudales Bett aus Filz: So sieht er aus, der „Preis des Botschafters der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland, verliehen 2001 an die Freie Hansestadt Bremen, für die vorbildliche partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Stadt Gdansk“. Gestern überreichte S. E. Botschafter der Republik Polen Dr. Andrzej Byrt Bremens Bürger-meister Dr. Hennig Scherf die schwergewichtige Auszeichnung.

Zwei getrennte Linien seien es, die sich aufeinander zubewegen würden, so die botschafterliche Interpretationshilfe nach dem Festakt in der Oberen Rathaushalle. Dem Anlass entsprechend weist die Schanze, die keine ist, nach oben – dorthin, wo alles gut wird, in die Sphären der EU-Osterweiterung. Oder, in den Worten Henning Scherfs: „Eine wunderbare Zukunft steht uns bevor.“

Als Vertreter der Hafenstädte Gdansk – zu Deutsch Danzig – und Bremen am 12. April 1976 einen Partnerschafts-Rahmenvertrag abschlossen, konnte noch niemand ahnen, dass sich Polen und Deutsche – zumindest auf institutioneller Ebene – eines Tages wieder so nahe kommen könnten. Immerhin, es war ein Anfang und Bremen die erste westdeutsche Kommune, die in einer Phase der politischen Annährung eine Liaison mit einer polnischen Großstadt einging. Die gemeinsame Vergangenheit in der Hanse, ähnliche wirtschaftliche und strukturelle Probleme, der enge Kontakt zwischen dem Ostpolitiker Willy Brandt und dem damaligen Bremer Bürgermeister Hans Koschnick mögen Gründe für die Partnerwahl gewesen sein.

Mittlerweile existieren laut Botschafter Byrt 400 deutsch-polnische Städtepartnerschaften, und zwei frühere Preisträger gibt es mit Hannover und Frankfurt am Main ebenfalls. Doch die Partnerschaft von Bremen und Gdansk mit ihrem „engen Netz von Kontakten“ sei ein „Unikat“, so Byrt. Andere sehen darin „Pionierarbeit“ (Bürgermeister a.D. und Danzig-Ehrenbürger Koschnick) oder gar einen lebendig gewachsenen „Organismus“ (Pawel Adamowicz, Stadtpräsident von Danzig).

Doch welche Rolle haben die Bürger, auf die alle Redner abhoben, dabei gespielt? Unzweifelhaft haben sich die Partnerstädte in den vergangenen 25 Jahren – anfangs vor allem politisch/karitativ – um einander bemüht: Hüben wie drüben wurden Gebäude saniert, Danziger halfen beim Restaurieren, Bremer bei Hochwasserschäden. Schüler, Pfadfinder, Professoren, gingen und gehen auf Tour, Verwaltungs- und Wirtschaftsleute schlossen sich kurz. Jüngst eröffnete in Danzig ein Krankenhaus, das AWO und die polnische katholische Kirche gemeinsam gebaut haben.

Doch bei allem institutionellen Miteinander habe man die – nicht organisierten – Bürgerinnen und Bürger vernachlässigt, meint Reinhold Stiering, ehemaliger SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, Mitglied der Deutsch-polnischen Gesellschaft und – nach eigenem Bekunden – ehemaliger Schmuggler für die Solidarnosc-Bewegung. Jahrelang sei die Städtepartnerschaft „Parlamentstoursimus“ gewesen, so Stiering, „mit Fraktionsvorsitzenden, die konnten gerade ,Polen' schreiben“. Auch habe man zu lange in „Stein“ – also in den Wiederaufbau – investiert. Aus diesem Grund findet in diesem Juni auch die erste ausgesprochene „Bürgerreise“ nach Danzig statt – nach 25 Jahren. hase