Betriebsräte: Spontan gehts besser

■ 100 Bremer Betriebsräte sind sich einig: Das neue Betriebsverfassungsgesetz geht noch lange nicht weit genug

„High sein, frei sein, Betriebsrat muss nicht dabei sein“ – ein Teilnehmer der DGB-Konferenz zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes brachte gestern die Stimmung vor allem in den neuen IT-Branchen auf den Punkt. Die sind bisher von betriebsrätlichen Strukturen eher unberührt. „Be-triebs-ver-fass-ungs-ge-setz“ und dann auch noch „No-vell-ier-ung“ – kein Wunder, dass die jungen hippen Screendesigner und IT-Manager damit nichts am Hut haben wollen. Klingt nach Bürokratie und Funktionärs-Schnarchkram.

Auch Richard Schmidt von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (hbv) findet den jetzt vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf immer noch zu kompliziert, als dass die Belegschaften kleinerer Betriebe in Scharen Broschüren wälzen und Betriebsräte wählen würden.

Und nicht nur das. Die PodiumsteilnehmerInnen – inklusive Arbeitgebervertreter – bekundeten zwar zunächst einmal ihre Zufriedenheit darüber, dass seit 1972 überhaupt etwas passiert ist. Aber alle 100 BetriebsrätInnen im Clara-Zetkin-Saal waren sich einig: Der Entwurf geht nicht weit genug und hat an einigen Stellen erheblichen Nachbesserungsbedarf. Am Vormittag beakm der Bremer Bundestagsabgeordnete Volker Kröning (SPD) die Einwände und Vorschläge mit auf den Weg.

Harsche Kritik hagelte es an der Umsetzung der europäischen Richtlinie für die Gleichstellung beider Geschlechter. Danach sollen Frauen in Betriebsräten nicht überproportional vertreten sein, sondern dem Anteil an der Belegschaft entsprechen. Diesen geplanten Abschied von der Frauenquote bezeichneten die Grünen-Abgeordnete Anja Stahmann, die CDA-Vertreterin Silke Striezel und die Betriebsrätin Dagmar Muth einstimmig als unhaltbaren Rückschritt. „Ein derartiger Paragraph macht nur Sinn, wenn gleichzeitig ein Beschluss gefasst wird, Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung in die Betriebe zu holen“, sagte Muth von STN Atlas.

Auch der Vertreter des Bremer Arbeitgeberverbandes, Otto Brauch, hatte einige Kritik am Entwurf: Die verkürzte Frist zur Aufstellung für Betriebsratswahlen auf eine Woche hält er für „undemokratisch“, weil der Belegschaft auf diese Weise „ein Betriebsrat aufoktroyiert werden kann, den sie gar nicht will“. Die anwesenden gewählten Betriebsräte sahen das anders und forderten im Gegenteil eine noch kürzere Frist, das heißt eine „Spontanaufstellung“. Auf diese Weise könne der Arbeitgeber daran gehindert werden, Einfluss zu nehmen und Druck auszuüben, wie es häufig geschehe. Für Brauch gehen solche Vorfälle auf das Konto von wenigen schwarzen Schafen in seinem Stand. ei