Kritzeln und Kratzen

Sprayer sind Straftäter. Aber die Hamburger Polizei steht Eltern mit Rat zur Seite  ■ Von Michaela Soyer

„Sag mal Schatz, trägst Du auch Edding Stifte mit Dir rum?“ Wenn Ihr Kind auf diese Frage nervös den Blick senkt und mürrisch mault: „Das geht Dich doch nichts an“, dann müssen Sie weitere Ermittlungen einleiten. Denn laut „Elterninformation der Polizei Hamburg zum Thema Graffiti“ ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich Ihr Kind nachts in „Lebensgefahr“ begibt, um sein Kürzel („tag“) auf Busse und Bahnen zu schmieren.

Graffitis auf Wände zu sprühen ist keine Lapalie, wie heimlich Papas Malt Whisky leeren. Ladendiebstahl, Hausfriedensbruch, Schadenersatz: So können pubertierende Jugendliche „vom Zeichner zum Straftäter“ werden. Zögern Sie nicht, oder wollen Sie etwa mehrere tausend Mark bezahlen, nur weil Ihr Kind darauf aus ist, „innerhalb der Szene Anerkennung, Ruhm und Ehre zu erlangen“?

Sie sollten auf die Sprache Ihres Kindes achten, denn „Ausdrücke und Sprachvarianten aus der Graffitiszene werden benutzt.“ „Tag“ anstatt „Guten Tag“ kann zu einem verräterischen Zeichen werden. Um sich endgültige Sicherheit zu verschaffen, dürfen besorgte Eltern auch einen Blick in den Schulranzen riskieren. Bei Sprayern sind nämlich „Schulhefte/Zeichenunterlagen mit graphisch verzierten Wortkürzeln oder Buchstaben bemalt“. Auch bei „Nothämmern, Schleifsteinen oder anderen Gegenständen, die zum Kratzen von Wortkürzlen in Glasscheiben dienlich sind“, sollten Sie misstrauisch werden. Beim nächsten Abendessen lassen Sie sich nicht mehr mit einem „geht Dich nichts an“ abspeisen und legen Sie das Beweismaterial auf den Tisch, vom Schleifstein bis zum bekritzelten Schulheft.

„Ich weiß ja, dass das Risiko, erwischt zu werden, dem Sprayer den gewissen Kick verleiht“, sagen Sie und versuchen, verständnisvoll auszusehen. „Ich muss das tun“, antwortet dann Ihr Kind, „sonst biten die Toys alle meinen Style.“