Lust serienmäßig

Weil man auch bei Beate Uhse TV nicht „schärfer Fernsehen“ kann, setzt der neue Erotik-Sender auf „Sex als frei schwebendes Lifestyle-Element“

von STEFFEN GRIMBERG

Ab Anfang März wird „entübelt“. Denn dann startet Beate Uhse TV bei Premiere World und läutet „ein neues Zeitalter“ (Sendergeschäftsführer Andreas Lange) im Kampf gegen die sexuelle Verklemmung ein. Und den ungefähr fünften Versuch der Kirch-Gruppe, mit Softsex und Erotik das weiterhin sieche Bezahlfernsehgeschäft anzukurbeln.

„Sexualität in allen Facetten“ will Beate Uhse TV bieten, schließlich hat der zur Hälfte am Sender beteiligte Mutterkonzern 55 Jahre Erfahrung im Geschäft mit der Lust. Das Programm liefert die Erotic Media AG aus der Schweiz, die die zweiten 50 Prozent der Anteile hält und schon heute das Erotikangebot auf Premiere World bestückt.

„Soft Cable“ und ab 0.30 Uhr „Cable“ heißt das wenig lustvoll im gestern der Presse präsentierten Programmschema – gemeint sind international kompatible Softsex-Streifen, meist parallel zu „inhaltsgleichen“ Hardcore-Produktionen gedreht und garantiert mit den deutschen Jugendschutzauflagen vereinbar: Porno ist auch im Pay-TV tabu, wer auf mehr als bei Pro Sieben oder RTL 2 ab 23 Uhr ungeniert und unverschlüsselt im Free-TV Gezeigtes hofft, kann weiter warten. Einziges Zugeständnis der Medienwächter: Weil das Programm codiert in die D-Box kommt und mit einem eigenen PIN nochmals entsperrt werden muss, darf das Gestöhne bei Premiere World schon schon ab 20 Uhr starten.

Gesendet wird dann bis morgens um 6 Uhr, und im Gegensatz zum bisherigen Premiere Sex-Kanal Blue Channel, der für Beate Uhse TV das Feld räumen muss, sind auch Eigenproduktionen geplant: „Lust pur“ zum Beispiel, ein „Sexflirt auf Deutschlands Straßen“, bei denen Moderator Conny ausziehwilliges Volk vor die Kamera schwatzt. Oder „Deutschland intim“, wo sich Pärchen in ihren eigenen vier Wänden ausziehen.

Reality-Format geplant

Mitmach-TV ist eben in, und natürlich denkt man auch bei Beate Uhse TV über Realityformate nach. Und weil bei der Hardcore-Produktion ja ohnehin schon eine zweite Kamera für die Softsex-Variante steht, kommt noch eine dritte hinzu, auf dass das Programm noch um ein „Making-of“-Format reicher ist.

„Innerhalb der Sexualität gibt es viele Dinge, die bewegt werden müssen“, lautet das Credo der Beate Uhse TV-Macher, und eigentlich sollte der Sender schon im Herbst auf Sendung sein. Doch fürs familientaugliche Weihnachtsgeschäft war der Sexkanal wohl noch nicht „entübelt“ genug, dafür startet Anfang nächster Woche die Marketing-Kampagane mit einer barbusigen Nixe als Covergirl, die jeder Badeschaumreklame der 50er-Jahre die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte.

Nicht mal den eigenen Werbeslogan kann Beate Uhse TV einlösen – „schärfer Fernsehen“ ist in Deutschland eben tabu, einige der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen zur Überprüfung vorgelegte Filme blieben prompt dort hängen, weil der von den privaten Fernsehveranstaltern ins Leben gerufene Verein die Grenze zur Pornografie überschritten sah.

Deshalb müht man sich jetzt bei Beate Uhse TV ab mit Sätzen wie dem, dass der Sender „Sex als frei schwebendes Lifestyle-Element wie Fußball, Kochen und Stricken“ etablieren will.

Ob Premiere World viel davon hat? Bisher hat sich die Kirch-Gruppe stets zunächst geniert, mit Softsex Quote oder Abos zu machen – und es dann doch immer wieder mit mäßigem Erfolg versucht. Und damit niemand mehr wie bisher den Sexkanal „extra“ einzeln und genierlich bestellen muss, wird Beate Uhse TV Teil der „Movie World“, die 95 Prozent der 2,3 Millionen Premiere-Abonnenten ins Haus strahlt. Und dann kommt „Lust serienmäßig“. Wetten?