„Wir haben die Planung durcheinandergebracht“

Der Physiker und Techno-Fan Michael Ulex (36) von der Bürgerinitiative „Rettet den Tiergarten“ über die Freude, der Planetcom ein Schnippchen geschlagen zu haben

taz: Der Kampf der Bürgerinitiative „Rettet den Großen Tiergarten vor der Love Parade“ erinnert an den Kampf zwischen David und Goliath. Erfüllt Sie Ihr Erfolg, der Planetcom bei der Anmeldung Ihrer Gegendemonstration am 14. Juli zuvorgekommen zu sein, mit Schadenfreude?

Michael Ulex: Wir freuen uns natürlich, dass es uns gelungen ist, einen Punktsieg zu machen. Der Kampf wird ja seit langem geführt und zum ersten Mal haben wir zumindest die Planung durcheinander gebracht. Bisher hatten wir den Eindruck, wir können machen, was wir wollen, und der Senat und Planetcom laufen Hand in Hand und wir sind nur die kleinen lästigen Störenfriede. Von Schadenfreude kann aber nicht die Rede sein. Unser Gegner ist auch nicht die Planetcom. Wir wollen den Tiergarten schützen. Wenn die Love Parade statt am Samstag am Freitag oder Sonntag stattfindet, ist das eine Verbesserung, aber nicht das, was wir wollen. Wir wollen, dass die Love Parade nicht mehr durch den Tiergarten zieht.

Sollte die Love Parade am 13. oder 15. Juli stattfinden, wird der Tiergarten nur zeitversetzt zertrampelt. Aber er wird zertrampelt. Wo ist also der Erfolg?

Wir sind schon einen kleinen Schritt weiter. Wir haben der Planetcom gezeigt, dass sie in der Stadt nicht regieren kann, als wären sie die Regierung, sondern dass wir unsere Rechte wahrnehmen können. Der Sonnabend ist ja der ideale Termin. Am Freitag hätten viele Raver Schwierigkeiten, von außerhalb nach Berlin zu kommen, weil viele dann noch arbeiten. Wir hoffen, dass dann die Anzahl der Teilnehmer und auch der Schaden geringer wäre. Ähnliches gilt für den Sonntag. Viele Schäden entstehen ja im Tiergarten, weil Samstagnacht durchgetanzt wird. Das ist aber sehr unwahrscheinlich, wenn die Teilnehmer am Sonntagabend abreisen müssten.

Die Organisatoren der Love Parade setzen nun auf Gespräche mit der Bürgerinitiative und dass beide Veranstaltungen am Samstag auf derselben Route stattfinden können.

An einer zeitgleichen Veranstaltung haben wir kein Interesse.

Wie kompromissbereit sind Sie denn?

Wir sind bereit, mit den Veranstaltern zu reden. Wir sind ja an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Wir wollen aber der Planetcom die Zusage abringen, dass die Route nicht mehr durch den Tiergarten geht. Ich denke, dass es für die Planetcom langsam lästig wird und sie einsehen, dass die Route geändert werden muss.

Sie haben 25.000 Teilnehmer für Ihre Demonstation „Rettet unsere grüne Lunge Tiergarten“ angemeldet. Im vergangenen Jahr nahm an einer Mahnwache im Tiergarten aber gerade mal ein Dutzend Menschen teil.

Wir glauben durchaus, aufgrund der Rückmeldungen, die wir aus der Bevölkerung kriegen, dass es viele Berliner und Berlinerinnen gibt, die Interesse haben, dass der Tiergarten nicht jedes Jahr wieder verwüstet wird. Wenn das Ziel einer solchen Demo ist, zu verhindern, dass das wieder passiert, dann wird eine erhebliche Zahl kommen, viel mehr als zu einer Mahnwache am Rande des Krachs.

Wir ziehen aber nach wie vor die Möglichkeit in Betracht, dass die Love Parade vielleicht am 14. Juli doch durch den Tiergarten zieht und wir vor Gericht gehen.

Haben Sie was mit Techno am Hut?

Ich bin auf der Love Parade schon zu Zeiten tanzen gewesen, als sie noch über den Ku’damm ging. Auch seit die Love Parade durch den Tiergarten geht, war ich dabei. Am Anfang fand ich die Musik toll. Als ich dann aber gesehen habe, wie der Tiergarten zerstört wird, verschwand die Begeisterung. Ich wohne direkt an der Strecke und die Bewohner leiden massiv unter den Belästigungen, weil die Leute gegen die Wände urinieren etc. INTERVIEW: BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA