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: Ohne Lando laufen lernen

Vielleicht ist es nach einem so langen politischen Leben, wie Klaus Landowsky es geführt hat, wirklich zu viel verlangt, von heute auf morgen alle Ämter niederzulegen, sich völlig aus der Politik zurückzuziehen und den Nachfolgern, den Jüngeren, das Feld schnell ganz zu überlassen. Und deshalb liegt es auch weniger an Klaus Landowsky als an uns, die wir jetzt in der Partei Verantwortung haben, wie wir die neue Zeit angehen. Wir kommen nicht umhin, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

Kommentarvon ANGELA MERKEL

Auch im Herbst 1999 haben wir die Wahlen nicht wegen und nicht trotz Klaus Landowsky gewonnen. Wir haben sie vielmehr wegen unserer Geschlossenheit und unserer Kampagnen gegen Walter Mompers chaotische Politik gewonnen.

Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft ohne ihr altes Schlachtross den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen. Sie muss sich wie jemand in der Pubertät von zu Hause lösen, eigene Wege gehen und wird trotzdem immer zu dem stehen, der sie ganz nachhaltig geprägt hat – vielleicht später sogar wieder mehr als heute.

Ein solcher Prozess geht nicht ohne Wunden, ohne Verletzungen. Wie wir in der Partei aber damit umgehen, ob wir dieses scheinbar Undenkbare als Treuebruch verteufeln oder als notwendige, fließende Weiterentwicklung begreifen, das wird über unsere Chancen bei den nächsten Wahlen entscheiden. Ausweichen können wir diesem Prozess ohnehin nicht, und Klaus Landowsky wäre im Übrigen der Erste, der dies verstünde.

Die damalige CDU-Generalsekretärin und heutige Bundesvorsitzende Angela Merkel veröffentlichte diesen Beitrag, den wir in nur leicht veränderter Form abdrucken, in der FAZ vom 22. Dezember 1999. Die Namen Helmut Kohl und Gerhard Schröder wurden durch Klaus Landowsky und Walter Momper ersetzt. Einzelne Formulierungen haben wir behutsam aktualisiert.