Safer Babies in Bremer Kliniken

■ Die Säuglingsstationen sind mit höchst unterschiedlichen Sicherheitssystemen ausgestattet – keines ist unknackbar

Das vorgestern aus dem St. Jürgen-Krankenhaus entführte Baby ist wieder da, es geht ihm gut. Bei aller Erleichterung schließen sich jetzt Fragen zur Sicherheit der Säuglingsstationen an.

Ausgerechnet anlässlich einer Babyentführung, die der Verwaltungsdirektor der St. Jürgen-Klinik, Walter Bremermann, vor vier Jahren in den Medien verfolgte, entschied er, die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen. Ein Chipkarten-System sichert seither die drei Zimmer, in denen die Neugeborenen liegen, wenn sie nicht ohnehin mit den Müttern auf der benachbarten Wochenstation sind.

Dennoch konnte die Frau, die das Kind entführte, dorthin gelangen. Funktioniert das System nicht? Herrscht in einem Krankenhaus, in dem jährlich 1.800 Babies zur Welt kommen, zu große Anonymität? Bremermann bestreitet insbesondere letzteres: „Wir haben für die Frauenklinik einen separaten Baukörper, zurzeit sind in diesem Haus 16 Babies, das läuft nicht anonym. Aber die Säuglingsstation ist auch kein Hochsicherheitstrakt.“ Dennoch habe die Klinik einen höheren Sicherheitsstandard als die meisten anderen Krankenhäuser in Deutschland.

Anders auf den Wöchnerinnenstationen im selben Stockwerk, wo jeder „sehr liberal Zugang“ habe – und das soll auch so bleiben.

Im Diako, einer Klinik der evangelischen Kirche im Bremer Westen, sieht man das genauso. „Ich denke, niemand wünscht sich die Zeiten zurück, in denen es stark eingeschränkte Besuchszeiten gab,“ so Brunhilde van Gnuyen, Öffentlichkeitsarbeiterin im Diako.

Dennoch denkt man im Diako nach dem Kindsklau über verstärkte Sicherheitsmaßnahmen nach. „Die Frauen sind angehalten, ihre Babies nicht allein zu lassen, sondern ins Säuglingszimmer zu bringen – aber es geht sicher trotzdem mal eine duschen, ohne es dort abzugeben.“

Das könnte auch die Lücke im System des Krankenhauses Links der Weser (LdW) sein. Zwar gibt es dort keine Säuglingszimmer mehr, seit man sich erfolgreich um das Etikett „stillfreundliches Krankenhaus“ – eine Auszeichnung der Weltgesundheitsorganisation – beworben hat und die Kinder rund um die Uhr bei ihren Müttern sind. Aber: der Zugang zu den Wöchnerinnenzimmern ist nicht reglementiert, und insofern können auch hier – zum Beispiel wenn die Mütter die Nasszellen in ihren Zimmern aufsuchen – Menschen mit bösen Absichten eintreten.

„Das ist alle eine Frage der kriminellen Energie“ – bestätigt auch der Leiter der Kinderklinik Gunter Shimic-Schleicher im Krankenhaus Bremen Nord. Dort ist die Säuglingsstation allerdings mit einem Sicherheitscode ausgestattet, der nur den Angestellten bekannt ist. Wenn sich eine Schwester im Säuglingszimmer aufhält, können Verwandte erst nach Klingeln und „Gesichtskontrolle“ eintreten. „Aber wenn sie der Schwester oft genug über die Schulter gucken, dann kennen sie den Code“, so Shimic-Schleicher. Nach seiner Ansicht „stimmen aber die Gewichte sowieso nicht“, wenn man nach dem Fall des kleinen Paul-Moritz wegen mangelnder Sicherheit die Pferde scheu machte. „Ein Verbrechen wie dieses gibt es einmal in zwei oder drei Jahren in ganz Deutschland. Fragen sie mal, wie viele Kinder tot oder erheblich zu früh geboren werden, weil die Mütter rauchen“, so der Arzt.

Was nicht heißt, dass man die Sicherheitskontrollen für die Säuglingsstationen auch in Bremen-Nord immer wieder überprüfe und erneuere.

So auch geschehen im Sankt Joseph-Stift. Vor eineinhalb Jahren wurde dort die Neugeborenen-Station komplett umgebaut. Eine Kinderschwester öffnet seitdem persönlich die Tür für die Eltern. Die müssen sich außerdem mit einem bei der Geburt vergebenen Kinderpass – zu dem auch ein Passbild gehört – ausweisen.

Elke Heyduck